Erich Drescher Dr. Erich Drescher
(1. Februar 1884 (an anderer Stelle bei Ernst Klee: 1894) in Kiel – Todesdatum nicht bekannt)
Jurist, Generalstaatsanwalt in Hamburg
Adresse: Lindenstraße 41 (1933)
Wirkungsstätte: Strafjustizgebäude, Sievekingplatz 3
Am 24.4. 1933 wurde der Oberlandesgerichtsrat Dr. Erich Drescher zum Generalstaatsanwalt ernannt. „Dr. Drescher war zunächst ab Januar 1913 Staatsanwalt, ab 01.04.1921 Richter am Amtsgericht und ab 01.02.1929 Oberlandesgerichtsrat. Als Generalstaatsanwalt sorgte er neben vielen anderen in Hamburg für die Gleichschaltung der Justiz im Nationalsozialismus. Wie die Jahrzehnte zuvor war auch er zunächst gleichzeitig Leiter der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hamburg, verlor diese Zuständigkeit aber am 1. April 1935 mit der sog. ‚Verreichlichung der Justiz‘, d.h. der Auflösung der Landesjustizverwaltungen und der Zentralisierung im Reichsjustizministerium. Auch in Hamburg gab es ab diesem Zeitpunkt wie sonst in Deutschland 2 Behörden.
Leiter der Staatsanwaltschaft wurde Oberstaatsanwalt August Schuberth (1889 – 1973). (…) Im Zusammenhang mit der Schaffung einer eigenständigen Staatsanwaltschaft erhielt die Generalstaatsanwaltschaft von der Landesjustizverwaltung die Zuständigkeit für den Strafvollzug und das Gnadenwesen übertragen. Daneben oblag ihr die Bearbeitung der Hoch- und Landesverratssachen, für die das Hanseatische Oberlandesgericht aufgrund eines Erlasses des Reichsjustizministeriums vom 19.12.1936 auch die Zuständigkeit für die Bezirke der Oberlandesgerichte Kiel, Oldenburg und Rostock, der Landgerichte Stade und Verden sowie der Amtsgerichte Thedinghausen und Wilhelmshaven erhielt. (…) Aufgrund der neuen Zuständigkeit für den Strafvollzug im Oberlandesgerichtsbezirk Hamburg war die Generalstaatsanwaltschaft zunächst zuständig für die hamburgischen Anstalten Fuhlsbüttel, Untersuchungsgefängnis Hamburg -Stadt, Glasmoor, Hahnöfersand, Bergedorf sowie aufgrund des Groß-Hamburg-Gesetzes vom 1. April 1937 auch
für die ehemals preußischen Anstalten: die Gefängnisse Hamburg-Altona, Hamburg-Harburg und Hamburg-Wandsbek.
Hinzu kamen die ehemals bremischen Strafanstalten: Untersuchungsgefängnis Bremen-Stadt, Gefängnis Bremen-Ostertor, Zuchthaus Bremen-Oslebshausen und Gerichtsgefängnis Bremerhaven.“ [1]
Ernst Klee schreibt, dass Drescher Teilnehmer der Tagung „der höchsten Juristen des Reiches am 23./24.4.1941 in Berlin“ [2] gewesen war. Hier ging es um die „Informierung über die Vernichtung lebensunwerten Lebens mittels Gas (Auss. Ammon, Ks 1/69 GStA Ffm.) und Scheinlegalisierung des Krankenmordes durch Schlegelberger.“ [3]
„Nach den verheerenden Luftangriffen auf Hamburg im Juli 1943 verfügte GenStA Dr. Drescher Anfang August 1943 den Hafturlaub von rund 750 hamburgischen Straf- und 550 Untersuchungsgefangenen für 2 Monate, damit diese bei der Beseitigung der Schäden eingesetzt werden konnten. Zahlreiche Gefangene, darunter ca. 50 Mitglieder einer kommunistischen Widerstandsgruppe, von denen etlichen die Verhängung der Todesstrafe drohte, hielten sich nicht an die Verpflichtung zur Rückkehr, sondern tauchten unter. GenStA Dr. Drescher wurde deshalb inhaftiert, gegen ihn wurde vor dem Besonderen Senat des Reichsgerichts Anklage erhoben, und er wurde am 28.10. 1943 wegen fahrlässiger Gefangenenbefreiung zu 4 Monaten Gefängnis verurteilt. Zum 01.06.1944 wurde er in den Ruhestand versetzt.“ [4]
„Generalstaatsanwalt wurde am gleichen Tage der Oberlandesgerichtsrat und Vorsitzende der 3. Sondergerichtskammer Hans Haack (geb. 20.01.1901, gest. 1972). Hans Haack begann nach dem 1928 abgelegten 2. Staatsexamen als Assessor bei der Staatsanwaltschaft Altona. Dort erhielt er am 01.10.1933 eine Planstelle. Nach der Eingliederung des Landgerichts Altona in die hamburgische Justiz wechselte er 1937 zunächst zur Staatsanwaltschaft Kiel, wurde aber nach kurzer Zeit von Curt Rothenberger, Justizsenator vom 08.03.1933 bis zur Zentralisierung der Justizverwaltungen zum 01.04.1935 und ab diesem Zeitpunkt Präsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts, wegen seiner Altonaer Personalkenntnisse nach Hamburg geholt und am 01.12.1937 zum OLGRat ernannt. Nach der Kapitulation 1945 war er 2 Jahre interniert und ab 1950 in Hamburg als Rechtsanwalt tätig. Unter anderem war er Verteidiger des ‚Reichsstatthalters‘ von Hamburg, Gauleiter Karl Kaufmann, und anderer ehemaliger Parteigenossen. 1963 wurde er von der Staatsanwaltschaft Hamburg wegen Verdachts der Veruntreuung von Mandantengeldern und anderer Delikte angeklagt. Nach einer Pressemeldung aus der damaligen Zeit hatte er offensichtlich die Übersicht in seiner Kanzlei verloren. Ob es zur Verhandlung kam, ließ sich nicht recherchieren. In seine Amtszeit fällt die Vernichtung von Strafakten (Hochverratssachen, politische Sachen, Volksschädlingssachen und Verfahren gegen Gewaltverbrecher) unter Aufsicht Hamburger Staatsanwälte am 12. April 1945 im Hof des Untersuchungsgefängnisses aufgrund eines Geheimbefehls des Reichsführers SS für den Fall der Feindannäherung.“[5]
Verweis: siehe auch die Opferbiografie von Edgar Andrè unter www.stolpersteine-hamburg.de
Siehe auch Eintrag in dieser Datenbank zu Hans Haack.