Biografien-Datenbank: NS‑Dabeigewesene

Curt Rothenberger Curt Ferdinand Rothenberger

(30. Juni 1896 in Cuxhaven - 1. September 1959 in Hamburg)
Senator für Justiz, Präsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts sowie Staatssekretär im Reichsministerium der Justiz.
Marienhöhe 4 (Wohnadresse)
Hanseatisches Oberlandesgericht‎, Sievekingplatz 2 (Wirkungsstätte)


Am 8. März 1933 wurde Rothenberger von der Hamburger Bürgerschaft als Justizsenator gewählt und gehörte dem Senat unter dem Ersten Bürgermeister Carl Vincent Krogmann an. Rothenberger galt bis dahin als unpolitisch. Er ließ das Justizwesen in Hamburg „arisieren“, agierte jedoch einigermaßen verdeckt. Er entließ die insgesamt 31 als jüdisch angesehenen Richter und Staatsanwälte unauffällig und mit zeitlichem Abstand. Durch so genannte Verjüngungskuren entließ er altgediente liberale Richter und ersetzte diese durch nationalsozialistisch eingestellte Juristen. Insgesamt verloren etwa 30 Prozent der Hamburger Justizjuristen ihre Ämter.

Am 1. April 1935 wurde Rothenberger Präsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts; ab dem 16. Mai 1935 wurde er zusätzlich Präsident des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts. Rothenberger leitete die Entscheidungen der Justiz persönlich oder griff lenkend ein. In wöchentlichen Vorbesprechungen stellten einzelne Richter ihre wichtigsten Fälle der nächsten Woche vor und Rothenberger gab Hinweise wie die Verfahren zu entscheiden seien. Auch wurden in Nachbesprechungen nicht genehme Urteile der letzten Woche kritisiert. Anklagen gegen Männer der SA oder SS wurden von ihm verhindert.

Am 23. und 24. April 1941 nahm Rothenberger an der Tagung der höchsten Juristen des NS-Staates in Berlin teil, in der über die Euthanasie-Morde der Aktion T4 berichtet und eine Scheinlegalisierung der Krankenmorde angestrebt wurde. Im selben Jahr inspizierte er das KZ Neuengamme und im Jahr darauf das KZ Mauthausen.

Am 20. August 1942 wurde Rothenberger zum Staatssekretär ins Reichsjustizministerium nach Berlin berufen. Sein Vorgesetzter war Minister Otto Georg Thierack. Zusammen mit Thierack zeichnete Rothenberger für die sogenannte 'Asozialen-Aktion' verantwortlich, in der über 20.000 Justizgefangene an die SS zur „Vernichtung durch Arbeit“ ausgeliefert wurden. Nach verschiedenen Differenzen versuchte Minister Thierack ab Dezember 1942 für Rothenberger eine Versetzung zu erwirken bzw. Rothenberger aus dem Reichsjustizministerium zu entfernen. Minister Thierack fand im Dezember 1943 einen Plagiatsvorwurf als Anlass, um Rothenberger seines Amtes entheben zu können. Rothenberger kehrte nach Hamburg zurück. Dort wurde er durch Gauleiter Karl Kaufmann zum „Beauftragten für den totalen Kriegseinsatz in Hamburg“ ernannt. Nebenberuflich begann Rothenberger im September 1944, sich als Notar zu betätigen.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Rothenberger im Mai 1945 verhaftet und in Neumünster interniert. Am 4. Januar 1947 begann der Nürnberger Juristenprozess, bei dem Rothenberger am 4. Dezember desselben Jahres zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Im August 1950 wurde Rothenberger vorzeitig aus der Haft entlassen. Er ließ sich in Schleswig-Holstein nieder und bezog eine Pension als Oberlandgerichtspräsident a. D. Im Jahr 1954 kehrte Rothenberger nach Hamburg zurück und begann dort als Repetitor zu arbeiten. Das Ersuchen, seine Versorgungsbezüge denen eines Staatssekretärs anzugleichen, lehnte der Hamburger Senat ab. 1959 wurde ein Bericht über Rothenbergers Tätigkeit während der Zeit des Nationalsozialismus veröffentlicht. Dies führte zum Skandal, Rothenberger beging am 1.9.1959 Suizid.

Siehe auch Biografie zu Walter Rudolphi in der Stolperstein-Datenbank www.stolpersteine-hamburg.de/index.php?MAIN_ID=7&BIO_ID=1385

Text: Katharina Tenti