Biografien-Datenbank: NS‑Dabeigewesene

NSDAP Amt des Gauwirtschaftsberaters

Harvestehuder Weg 12
Gauamtsleiter Pg. Carlo Otte, siehe Profil


Unter den Ämtern und Organisationen der Hamburger NSDAP, die an der propagierten »Entjudung der Wirtschaft« beteilt waren, nahm das Amt des Gauwirtschaftsberaters (GWB) eine dominierende Stellung ein.[1] In Hamburger Kaufmannskreisen wurde es im allgemeinen als »der Gau« bezeichnet. Es war der Kommission für Wirtschaftspolitik unter NSDAP-Reichsleiter Bernhard Köhler in München unterstellt, der u.a. einen »Rassenkampf der Wirtschaft« propagierte. In Hamburg fungierte das Amt des Gauwirtschaftsberaters als Tätigkeitsfeld und Karrieresprungbrett für eine Gruppe junger nationalsozialistischer Wirtschaftspolitiker, die sich in besonderer Weise um die Durchsetzung ideologischer Prinzipien im Wirtschaftsleben bemühten. Beim Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 war der erste Hamburger Gauwirtschaftsberater Dr. Gustav Schlotterer 27 Jahre, sein Nachfolger Carlo Otte 25 Jahre und dessen Nachfolger Dr. Otto Wolff 26 Jahre alt. Alle drei gehörten zur »Kriegsjugendgeneration«, stammten aus kleinbürgerlichen Verhältnissen, waren schon in jungen Jahren der NSDAP beigetreten, bekleideten hohe Ehrenführerränge in der SS,[2] galten als ebenso ideologisiert wie ehrgeizig und aufstiegsorientiert, hatten als kaufmännische Angestellte bzw. im mittleren Beamtendienst angefangen und sind dann – zumindest Schlotterer und Wolff – akademisch weiterqualifiziert.[3] Die Gauwirtschaftsberater und ihre Mitarbeiter bildeten eine spezifisch nationalsozialistische Wirtschaftselite. In Alter, Herkunft, politischer Prägung und Lebensweg unterschieden sie sich nämlich in extremer Weise vom traditionellen Typus des Hamburger Wirtschaftsführers gesetzteren Alters, der in der Regel aus »alteingesessenen« großbürgerlichen Familien stammte und als selbstständiger Kaufmann einen ebenso praxisorientierten wie pragmatischen Blick auf die Wirtschaft hatte, der stark von der Binnenperspektive seines eigenen Unternehmens geprägt war.

Der erste Gauwirtschaftsberater Dr. Gustav Schlotterer[4] amtierte bis 1935 und fungierte in dieser Zeit zugleich als Präsident der Hamburger Wirtschaftsbehörde, ehe er 1935 ins Reichswirtschaftsministerium wechselte. Dort war er als »Spiritus rector«[5] der nationalsozialistischen Großraumplanungen, Leiter der Ostabteilung des Reichswirtschaftsministeriums und der Wirtschaftsabteilung des Ostministeriums führend an der »Entjudung« Osteuropas und seiner Wirtschaft beteiligt. Als alter Hamburger Nationalsozialist trug er in diesem Zusammenhang besonders den Interessen des Hamburger Handels Rechnung, der nach Verlust der überseeischen Handelsverbindungen infolge des Kriegsausbruches 1939 auf Kompensation drängte. [6]

Als Nachfolger Schlotterers leitete sein ehemaliger Stellvertreter Carlo Otte[7] von 1935-1940 das Amt des Gauwirtschaftsberaters. Damit war er für die »Arisierungen« in Hamburg maßgeblich zuständig. Der Realschulabsolvent und kaufmännische Angestellte war seinem Vorgänger intellektuell zweifellos deutlich unterlegen und zeigte sich seinem Amt in mancher Hinsicht »nicht gewachsen«, wie ein ehemaliger Mitarbeiter über ihn urteilte.[8] Seinen Mangel an Kompetenz und Lebenserfahrung versuchte er mit einem »unglaublich arroganten und überheblichen Benehmen«[9] zu kaschieren. Dennoch genoss Otte als »fanatischer Idealist« das uneingeschränkte Vertrauen des Gauleiters Kaufmann, dem er »treu ergeben« und nach den Parteistatuten auch disziplinarisch untergeordnet war. Dies zeigte sich besonders im Jahre 1940, als Otte zum Leiter der Hauptabteilung Volkswirtschaft beim Reichskommissar für die besetzten norwegischen Gebiete ernannt wurde. Obwohl danach dauerhaft aus Hamburg abwesend, gestand Kaufmann seinem Paladin Otte formal weiterhin den Titel des Hamburger Gauwirtschaftsberaters zu und ernannte ihn in Abwesenheit 1942 sogar zum Senator und Beigeordneten der Hamburger Gemeindeverwaltung. Nach einem gewonnenen Krieg war Otte als Leiter der Hamburger Wirtschaftsverwaltung vorgesehen. [10]

  Noch während seiner Amtszeit als Gauwirtschaftsberater hatte Otte zunehmend im Schatten seines Hauptsachbearbeiters Dr. Otto Wolff[11]gestanden, der zahlreiche »Arisierungen« wie die von M.M. Warburg & Co. federführend betreut hatte und seit 1940 das Amt des Gauwirtschaftsberaters kommissarisch leitete. Er galt als eine ebenso intelligente wie skrupellose Persönlichkeit, die »um jeden Preis zu Macht, Ansehen und Reichtum gelangen wollte«.[12] Der spätere Hamburger Justizsenator Biermann-Ratjen charakterisierte Wolff als einen »der schlimmsten und brutalsten Schergen des absoluten Antisemitismus in der Wirtschaft«.[13] Innerhalb kürzester Zeit hatte es Wolff verstanden, als Vorstandsmitglied der HAPAG, kommissarischer Gauwirtschaftsberater und Leiter des Führungsstabes Wirtschaft im Wehrkreis X wichtige Machtpositionen in Wirtschaft, Partei und Staat in seiner Hand zu vereinen und eine führende Rolle in der Organisation der Hamburger Kriegswirtschaft einzunehmen. Ähnlich wie das Verhalten Ottes wurde auch das großspurige Auftreten Wolffs von vielen Vertretern der Hamburger Wirtschaft »nicht geschätzt«, da es »von den Gepflogenheiten des Hamburger Bürgertums nicht unwesentlich abwich«[14]. Im Kriege beschäftigte sich Wolff u.a. mit der Liquidierung jüdischen Besitzes in ganz Europa, den er auf verschiedenen Wegen nach Hamburg transferieren ließ.[15]

  Das institutionelle Gewicht, das der Gauwirtschaftsberater der Handelskammer und der staatlichen Wirtschaftsverwaltung entgegensetzen konnte, war im Allgemeinen denkbar gering. Statutengemäß sollten die Mitarbeiter der Gauwirtschaftsapparate in erster Linie ehrenamtlich arbeiten,[16] doch waren Otte und Wolff hauptamtliche Parteiangestellte. Von den Hamburger Gauwirtschaftsberatern bemühte sich nur Otte, der über kein weiteres staatliches Amt verfügte, um den institutionellen Ausbau seines Apparates. Da die Akten des Hamburger Gauwirtschaftsapparates vollständig vernichtet sind, ist sein Personalbestand wie seine Finanzierung nur schwer zu rekonstruieren. Neben Zuweisungen der NSDAP erhielt er u.a. regelmäßige Zuwendungen des Hamburgischen Staates und der Handelskammer.[17] Gemäß den Reichsrichtlinien der NSDAP sollte das Amt des Gauwirtschaftsberaters aus drei Abteilungen bestehen: Wirtschaftsfragen, Presse und Propaganda sowie Schulungs- und Vortragswesen, denen weitere Sachbearbeiter und Berichterstatter zugeordnet waren. So verfügte der Hamburger Gauwirtschaftsberater über eine eigene »Arisierungsabteilung«, die seit 1936 vom Diplom-Volkswirt Karl Frie (geb. 1913) geleitet wurde.[18] Ein weiterer Mitarbeiter des Gauwirtschaftsberaters, Dr. Eduard Hoffmann (geb. 1900), widmete sich als Leiter der »Hamburger Grundstücks-Verwaltungs-Gesellschaft von 1938 m.b.H.« der »Entjudung« des Hamburger Grundbesitzes.[19] Darüber hinaus arbeiteten dem Gauwirtschaftsberater eine Reihe informeller Mitarbeiter zu, u.a. der Rechtsanwalt Dr. Arthur Kramm (geb. 1907), ein persönlicher Bekannter Dr. Otto Wolffs, der viele »Arisierungsverträge« ausarbeitete. Was Personen wie Frie, Hoffmann und Kramm mit den jungen Hamburger Gauwirtschaftsberatern verband, waren ein Geburtsdatum nach 1900, die Erfahrung als Kriegsjugendlicher oder Kriegskind, akademische Bildung, Aufstiegswillen und ideologische Überzeugung.

In den Kreisleitungen der Hamburger NSDAP – seit 1937 insgesamt zehn – war das Amt des Gauwirtschaftsberaters mit »Kreiswirtschaftsberatern« vertreten, die wiederum über entsprechende Beauftragte bei den Ortsgruppenleitungen verfügen. Ihnen kam bei der Durchsetzung antijüdischer Maßnahmen vor allem eine Kontroll- und Bespitzelungsfunktion zu.

  Um die eigenen Finanzen zu schonen und gleichzeitig den institutionellen Einfluss des Gauwirtschaftsberaters zu erhöhen, richtete Otte bei der Handelskammer, der staatlichen Wirtschaftsverwaltung und einzelnen Wirtschaftsverbänden seit 1934/35 so genannte »Verbindungsstellen« mit Aufpasserfunktion ein, die von den jeweiligen Institutionen finanziert werden mussten. Daraus auf eine weit reichende Kontrolle der Hamburger Wirtschaft durch den Gauwirtschaftsberater und einen großen Einfluss auf die Wirtschaftspolitik der Hansestadt zu schließen, wäre jedoch verfehlt. In vielen Fällen erschöpften sich die Wirkungsmöglichkeiten der »Verbindungsstellen« in einer Pro-forma-Beteiligung ohne tatsächlichen Einfluss. So charakterisierte ein Handelskammersyndikus den Verbindungsmann des Gauwirtschaftsberaters als »dummen Kerl« der »nur soviel, wie er erfahren sollte«,[20] vom tatsächlichen Dienstbetrieb der Handelskammer erfuhr. Institutionell war der hastig zusammengestoppelte Apparat des Gauwirtschaftsberaters mit seinen wenigen, teilweise sogar ehrenamtlichen Mitgliedern den etablierten Wirtschaftsinstitutionen wie der Handelskammer oder der staatlichen Wirtschaftsverwaltung hoffnungslos unterlegen. Der politische Einfluss des Gauwirtschaftsberaters hing fast ausschließlich davon ab, ob es ihm gelang, über das wenig bedeutende Parteiamt hinaus weitere formale Verantwortlichkeiten in Staat und Wirtschaftsverwaltung zu okkupieren, wie dies Schlotterer und Wolff, nicht aber Otte gelungen war. Der institutionelle Nachrang des Gauwirtschaftsberaters kam auch darin zum Ausdruck, dass sich NSDAP-Gauleiter Kaufmann in zentralen Wirtschaftsfragen nicht seines Parteiapparates bediente, der ihm ja disziplinarisch unterstand, sondern weitere Sonderdienststellen wie den »Sonderbeauftragten für Wirtschaftsförderung und Vierjahresplan« schuf. Für die etablierten Wirtschaftsinstitutionen bildeten diese Sonderdienststellen eine wesentlich größere Herausforderung als der Gauwirtschaftsapparat der NSDAP.

  Nur auf einem fachlichen Gebiet verfügte der Gauwirtschaftsberater über dominierenden Einfluss: auf dem Gebiet der »Arisierung«, bzw. der »Entjudung« der Wirtschaft. Es gehörte zu den ideologischen Grundzielen der NSDAP und schien eine angemessene Beteiligung der für Wirtschaftsfragen zuständigen Parteiorganisation zu verlangen. Dennoch bestand ein augenfälliger Kontrast zwischen dem Einfluss des Gauwirtschaftsberaters auf die »Arisierung« einerseits und auf sonstige wirtschaftliche Belange wie Industrieansiedlung und Arbeitsbeschaffung andererseits. Mit erstaunlicher Bereitwilligkeit enthielt sich etwa die Hamburger Handelskammer, die sich schon bei der Erfassung jüdischer Betriebe sehr zurückhaltend gezeigt hatte, weitergehender Einflussnahmen auf die »Arisierung«. Selbst dort, wo sie über mittelbaren Einfluss verfügte, wie bei der Bestellung von Gutachtern für die Schätzung von Warenlagern, versuchte sie diesen nach außen hin zu verschleiern. Noch im November 1938 verwies die Handelskammer Antragsteller, die ein jüdisches Unternehmen »arisieren« wollten, an den Gauwirtschaftsberater und teilte ihnen mit, dass sie mit solchen Fragen »nichts zu tun« habe und ihr entsprechende jüdische Unternehmen »nicht bekannt« seien. [21] Die Handelskammer, so schien es, hatte ein offenkundiges Interesse, die Energien und Aktivitäten des nationalsozialistischen Gauwirtschaftsapparates gezielt auf das Feld der »Arisierungen« zu lenken, um sie in anderen Bereichen umso effektiver begrenzen zu können. Mit dieser »Arbeitsteilung« umging die Handelskammer zudem das heikle Problem, gegen jüdische Betriebe vorgehen zu müssen, die ihr seit oft über hundert Jahren als Mitglieder angehörten. Für die jüdischen Firmen indes erwies sich diese »Arbeitsteilung« als fatal, weil sie dem ungehinderten Zugriff zumeist jüngerer, ideologisch aufgeladener Antisemiten preisgegeben wurden, die eine »Entjudung« der Wirtschaft als weltanschauliche Kampfaufgabe begriffen, die ohne Rücksichtnahme durchzuführen war.

In den ersten Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft hatte sich das Amt des Hamburger Gauwirtschaftsberaters in der Judenpolitik noch zurückgehalten.[22] In den erwähnten Konflikten um die Beiersdorf AG und die Fa. Deutscher Tuchversand unterstützten Schlotterer und Otte die Position des Reichswirtschaftsministeriums und des Hamburger Senates, nach der dem Gesichtspunkt der Arbeitsplatzerhaltung und der wirtschaftlichen Stabilität oberste Priorität zukam. Mit der Amtsenthebung des Vorsitzenden der Hamburger Schneiderinnung hatte sich Otte 1934 sogar demonstrativ gegen den antisemitischen Ausschaltungseifer des gewerblichen Mittelstandes gewandt.

Um 1935/36 hingegen sind erste antijüdische Aktivitäten des Gauwirtschaftsapparates nachweisbar. Im November 1935 versuchte Otte in Schreiben an die HAPAG sowie Blohm & Voß deren Geschäftsbeziehungen zu »nichtarischen« Zuliefererfirmen zu unterbinden.[23] Beide Firmen waren von der Intervention des Gauwirtschaftsberaters jedoch wenig beeindruckt, lehnten jeden Abbruch der Geschäftsbeziehungen ab und verwiesen auf die bestehenden Anordnungen des Reichswirtschaftsministeriums, die »Einzelaktionen« gegen jüdische Betriebe verboten.[24]

  Im Jahre 1936 versuchten die Gauwirtschaftsapparate der NSDAP reichsweit, sich als Überprüfungs- und Genehmigungsinstanzen für »Arisierungen« zu etablieren. Ihre Beteiligung differierte in den einzelnen Gauen jedoch nach Ausmaß und Zeitpunkt erheblich. So gründete etwa der Gauwirtschaftsberater der badischen NSDAP im Februar 1936 mit Genehmigung des Badischen Ministerpräsidenten eine Kommission, die fortan alle Fragen bearbeiten sollte, die mit der Tätigkeit von Juden im Wirtschaftsleben zusammenhingen.[25] Neben dem Gauwirtschaftsberater gehörten der Kommission noch der Treuhänder der Arbeit sowie zwei Oberregierungsräte des Finanz- und Wirtschaftsministeriums in Karlsruhe an. Damit hatte er zwar seinen Beteiligungsanspruch an den »Arisierungen« formal durchgesetzt, musste aber auf die Ministerialbürokratie Rücksicht nehmen, die eine Radikalisierung der »Entjudungspolitik« auch danach abzubremsen wusste.[26]

Im Gau Westfalen-Süd hingegen setzte der Gauwirtschaftsberater seinen Mitwirkungsanspruch im offenen Konflikt gegen die Verwaltung des zuständigen Regierungsbezirkes durch.[27] Formal stützte er sich auf eine Anordnung des stellvertretenden Gauleiters vom Oktober 1936, die ihm eine Mitwirkung an der »Arisierung« von Textil- und Konfektionsfirmen sicherte, dehnte jedoch diese Ermächtigung schon bald auf die gesamte Wirtschaft aus. Die Beauftragung des Gauwirtschaftsberaters als zuständige Instanz für »Arisierungen« entpuppte sich damit faktisch als Selbsternennung.In ähnlicher Form dürfte sich 1936 auch der Hamburger Gauwirtschaftsberater seiner Zuständigkeit für die »Arisierung« bemächtigt haben. Die institutionelle Zurückhaltung vor allem der Hamburger Handelskammer bot für solche Akte der Selbstermächtigung günstige Voraussetzungen. Mit Karl Frie stellte der Hamburger Gauwirtschaftsberater 1936 einen Mitarbeiter für »Arisierungen« ein, der die aktenmäßige Erfassung der jüdischen Betriebe, die zu diesem Zeitpunkt bereits weit vorangeschritten war, systematisierte und abschloss.[28] Eine formale Beauftragung des Gauwirtschaftsberaters durch den Gauleiter ist bis zum 14. Juni 1938, als eine Anordnung Kaufmanns das Procedere der »Arisierungen« grundsätzlich regelte,[29] in den überlieferten Quellen nicht nachweisbar. Dennoch ist es ausgeschlossen, dass der Gauwirtschaftsberater seinen Zuständigkeitsanspruch ohne die Rückendeckung des Gauleiters hätte durchsetzen können. So berichtete der Inhaber des jüdischen Importunternehmens Eichholz & Löser, der 1935 seinem »arischen« Prokuristen einen Teil der Firma übertragen wollte, um verloren gegangene Importkontingente zu retten, dass sich der Vertragsabschluss durch »Erschwerungen« des Gauleiters und des Gauwirtschaftsberaters bis zum Frühjahr 1936 hinauszögerte.[30] Warum der Gauwirtschaftsberater hier mit Hilfe des Gauleiters intervenierte, wird aus den näheren Begleitumständen der Vertragsverhandlungen deutlich: Der Prokurist hatte seinem jüdischen Chef nämlich eine Gewinnbeteiligung angeboten,[31]  was für den Gauwirtschaftsberater mit dem Ziel einer rigorosen »Entjudung« nicht vereinbar war und nach offizieller Sprachregelung als unerwünschte Tarnung eines jüdischen Gewerbebetriebes galt.

  Der Vorgang dokumentiert nicht nur die relativ frühe Zuständigkeit des Hamburger Gauwirtschaftsberaters für die Genehmigung von »Arisierungs« -Verträgen, sondern auch seine enge Zusammenarbeit mit dem Gauleiter, der die Aktivitäten des Gauwirtschaftsberaters politisch unterstützte. So ermächtigte ihn Kaufmann beispielsweise im Januar 1937, beim Landesfinanzamt Unterelbe Akteneinsicht zu nehmen und Auskünfte anzufordern. [32]

Text: PD. Dr. Frank Bajohr aus seinem Buch: Arisierung“ in Hamburg. Die Verdrängung der jüdischen Unternehmer 1933-1945. 2. Aufl. Hamburg 1998, S. 174-182. …..