Biografien-Datenbank: NS‑Dabeigewesene

Georg Hermann Sieveking

(21. Juni 1867 Hamburg - 6. Februar 1954 ebd.)
Amtsarzt
Adresse: Rothenbaumchaussee 211 (1933-1943)
Wirkungsstätte: Gesundheitsamt Hamburg, Besenbinderhof 41
Fuhlsbüttler Straße 756, Ohlsdorfer Friedhof, Grablage: S 25 T 25 (11-19)


Georg Hermann Sieveking gehörte zur Hamburger Kaufmannsfamilie Sieveking. Nach einigen Familienangehörigen sind in Hamburg Straßen benannt worden, so die Sievekingallee 1929 und der Sievekingdamm 1945 nach dem Syndikus Dr. Karl Sieveking (1787-1847), der Sievekingplatz 1911 nach Dr. Friedrich Sieveking (1836-1909) Präsident des Hanseatischen Oberlandesgericht.

Nach seinem Medizinstudium in Freiburg, München und Straßburg promovierte Georg Hermann Sieveking 1891 und nahm zunächst eine Stelle als Assistenzarzt in Straßburg an, wechselte 1893 an das Allgemeine Krankenhaus Eppendorf nach Hamburg. Zwei Jahre später eröffnete er seine eigene Arztpraxis. 1901 wurde er zum Physikus in die Hamburger Gesundheitsbehörde berufen. Von 1915 bis 1927 saß Sieveking in der Hamburgischen Bürgerschaft, zunächst als Mitglied der „Fraktion der Rechten“, ab 1919 als Mitglied der Deutschen Volkspartei (DVP). Im Jahr 1936 ging Sieveking in Pension, wurde aber mit Kriegsbeginn im September 1939 zurückgerufen und übernahm die kommissarische Leitung des Hauptgesundheitsamtes. In dieser Funktion war er u. a. für die amtsärztliche Begutachtung der beiden Kinderfachabteilungen in Langenhorn und Rothenburgsort zuständig, für die Meldung und Einweisung der Kinder, die im Rahmen der sogenannten NS-Euthanasie ermordet wurden und den gesamten Schriftverkehr zwischen der Gesundheitsbehörde, „Reichsausschuss“ (auf Reichsebene zuständig für NS-Euthanasie), den Anstalten und den Eltern. Dies beinhaltete auch die Weitergabe von Krankenberichten an den „Reichsausschuss“ und die Ausstellung von Totenscheinen. Sieveking zeigte bei der Begutachtung der Kinder und den Besuchen in den Kinderfachabteilungen besonderen Eifer, die meisten Einweisungen von Kindern fielen in seinen Verantwortungsbereich.

Nach Kriegsende wurde Sieveking erneut in den Ruhestand versetzt. Mit Zeitungsartikeln und Ehrenurkunde/ Plakette wurde ihm 1948 in einer offiziellen Zeremonie für seine Arbeit gedankt. Kurze Zeit später musste Sieveking sich vor Gericht verantworten. Gemeinsam mit weiteren Beteiligten an der Hamburger NS-Euthanasie wurde gegen ihn 1948/49 ein Ermittlungsverfahren eingeleitet; zu einer Hauptverhandlung kam es allerdings nicht.

Text: Katharina Tenti

Siehe auch die Profile von Wilhelm Bayer und Friedrich Knigge in dieser Datenbank.