Biografien-Datenbank: NS‑Dabeigewesene

Dynamit-Actien-Gesellschaft, Pulverfabrik Düneberg Dynamit-Actien-Gesellschaft, vormals Alfred Nobel & Co, Pulverfabrik Düneberg

Zwangsarbeiterinnenlager
Frauenlager Geesthacht, Grenzstraße


In dem Lager wurden Kinder von Zwangsarbeiterinnen geboren.
Von den 35 in Hamburg verstorbenen Kindern aus dem Lager Grenzstraße Geesthacht waren
32 Kinder in Geesthacht zur Welt gekommen.
1 Kind kam in Sahms / Kreis Wotersen zur Welt.
1 Kind kam im Allgemeinen Krankenhaus Harburg zur Welt.
1 Kind kam im Heimatland seiner Mutter Polen zur Welt.

33 Kinder aus dem Frauenlager Geesthacht Grenzstraße verstarben im Kinderkrankenhaus Rothenburgsort.
2 Kinder verstarben im Allgemeinen Krankenhaus Langenhorn.
1 Kind verstarb im Allgemeinen Krankenhaus Harburg.

Die Ärzte der weiteren Hamburger Krankenhäuser, des Universitätskrankenhauses Eppendorf und der Kinderkrankenhäuser Altona und Rothenburgsort, in denen Säuglinge den Tod fanden, hatten ebenfalls Kenntnis vom Zustand der Kinder, so auch Wilhelm Bayer, Chefarzt und Leiter des Kinderkrankenhauses Rothenburgsort. Er betreute 1943/44 auch zeitweise das Frauenlager Geesthacht der Dynamit Düneberg - seinen Aussagen nach „um die Sterblichkeit unter den „fremdländischen Säuglingen“ herabzusetzen. Dem gegenüber steht die erschreckende Tatsache, dass von den 42 Säuglingen aus diesem Frauenlager Geesthacht, die in Hamburger Krankenhäusern verstarben, 33 Säuglinge im Kinderkrankenhaus Rothenburgsort umkamen, 6 Säuglinge davon nach Kriegsende. Insgesamt verstarben 80 Säuglinge von Zwangsarbeiterinnen im Kinderkrankenhaus Rothenburgsort und 8 Säuglinge im „Olgaheim“, einer Abteilung der Kinderklinik in Wohldorf-Ohlstedt Bredenbeckstraße 44.

Einige Beispiele:
Hans Brousse kam am 18.1.1944 in Geesthacht zur Welt. Seine Mutter Odette Brousse war katholischen Glaubens und ledig. Aus ihrer Heimat Frankreich verschleppt, musste sie in Geesthacht für die Dynamit-Actien-Gesellschaft, vormals Alfred Nobel & Co, Pulverfabrik Düneberg, Zwangsarbeit leisten. Sie war im Frauenlager Geesthacht, Grenzstraße, untergebracht und in dieser Zeit schwanger.
Dort brachte sie ihren Sohn Hans zur Welt. In diesem Zwangsarbeitslager musste Hans die kurze Zeit seines Lebens verbringen. Die Ernährungs- und Lebensbedingungen waren für ihn völlig unzureichend.
Am 26. September 1944 um 11:45 Uhr verstarb er im Hamburger Kinderkrankenhaus Rothenburgsort. Im Sterberegister ist als Todesursache „Schw. Ernährungsstörung“ „Pneumonie“ (Lungenentzündung) angegeben. 1)

Serge Christian Bustof kam am 15.10.1944 in Geesthacht zur Welt. Seine ledige Mutter Carmen Bustorf, geb. am 15.11.1923 in Boussors / Nord, war katholischen Glaubens und wurde aus ihrer Heimat Frankreich verschleppt nach Geesthacht, wo sie für die Dynamit-Actien-Gesellschaft, vormals Alfred Nobel & Co, Pulverfabrik Düneberg, Zwangsarbeit leisten musste. Sie war im Frauenlager Geesthacht, Grenzstraße, untergebracht und wurde in dieser Zeit schwanger.
Am 15. Oktober 1944 brachte sie im Frauenlager ihren Sohn Serge zur Welt. Er musste dort die kurze Zeit seines Lebens verbringen. Die Ernährungs- und Lebensbedingungen waren für ihn dort völlig unzureichend.
Am 21. November 1944 wurde er in das Hamburger Kinderkrankenhaus Rothenburgsort eingeliefert, wo er am folgenden Tag, dem 22. November 1944, um 10:00 Uhr verstarb.
Als Todesursache ist im Sterberegister „Alimentäre Toxicose“ (Ernährungsbedingte Vergiftung) angegeben. Die Dolmetscherin Wilfriede Maupain, wohnhaft Geesthacht, zeigte den Sterbefall beim Standesamt mündlich an.2)

Franz Fauqueux kam am 30.7.1943 in Geesthacht zur Welt. Seine Eltern, Margarete, geb. Viard, und Arthur Fauqueux, waren katholischen Glaubens. Aus ihrer Heimat Frankreich verschleppt, mussten beide für das nationalsozialistische Deutschland Zwangsarbeit leisten, Arthur Fauqueux in Marienburg, Margarete Fauqueux in Geesthacht für die Dynamit-Actien-Gesellschaft, vormals Alfred Nobel & Co, Pulverfabrik Düneberg. Sie war im Frauenlager Geesthacht, Grenzstraße, untergebracht und in dieser Zeit schwanger.
Dort brachte sie ihren Sohn Franz zur Welt. In diesem Zwangsarbeitslager musste Franz die kurze Zeit seines Lebens verbringen. Die Ernährungs- und Lebensbedingungen waren für ihn völlig unzureichend.
Am 24. August 1944 verstarb er im Hamburger Kinderkrankenhaus Rothenburgsort um 5:30 Uhr. Im Sterberegister ist als Todesursache „Schw. Ernährungsstörung Diphterie“ angegeben. Die Dolmetscherin Wilfriede Maupain, wohnhaft Geesthacht, zeigte den Sterbefall beim Standesamt mündlich an. 3)

Marian Jarezka kam am 27.6.1944 in Geesthacht zur Welt.  Seine Mutter Irene Rospedowska, geb. Jarezka, war katholischen Glaubens. Aus ihrer Heimat Polen verschleppt, musste sie in Geesthacht für die Dynamit-Actien-Gesellschaft, vormals Alfred Nobel & Co, Pulverfabrik Düneberg, Zwangsarbeit leisten. Sie war im Frauenlager Geesthacht, Grenzstraße, untergebracht und in dieser Zeit schwanger.
Dort brachte sie ihren Sohn Marian zur Welt. In diesem Zwangsarbeitslager musste Marian die kurze Zeit seines Lebens verbringen. Die Ernährungs- und Lebensbedingungen waren für ihn völlig unzureichend.
Am 6. September 1944 verstarb er im Hamburger Kinderkrankenhaus Rothenburgsort um 12:40 Uhr. Im Sterberegister ist als Todesursache „Al. Praetoxicose“ (ernährungsbedingte Vergiftung) angegeben. Die Krankenschwester Gertrud Carstens, wohnhaft Geesthacht, zeigte den Sterbefall beim Standesamt mündlich an. 4)

Text: Margot Löhr