Bruno Karberg Bruno Heinrich August Karberg
(8.2.1896 Curslack - 4.2.1967 Reinbek)
Maler, Graphiker, er entwarf das HH-Staatswappen
Hasselbrookstraße 68 (Atelier vor 1933)
Landwehr 35 (Wohnadresse ab 1930)
Glindersweg 25 (Wohnadresse nach 1943)
Karbergweg, benannt seit 1979, Bergedorf/Allermöhe
Bruno Karberg kam als Sohn eines Maurers in den Vierlanden zur Welt. Bereits in der Volksschule, der Bergedorf Stadtschule Am Brink, bewies er zeichnerisches Talent. Anschließend ging er bei dem Buchbinder und Leder-Kunsthandwerker Georg Hulbe in die Lehre. Dieser wohnte in Bergedorf, seine Werkstätten befanden sich seit 1910 im Hulbe-Haus an der Mönckebergstraße. Er hatte unter anderem zur Einweihung des Hamburger Rathauses 1897 das Goldene Buch der Stadt angefertigt und Karberg spezialisierte sich bei ihm auf den Entwurf von Urkunden und Diplomen.
Nach Abschluss der Lehre studierte Karberg acht Jahre lang an der Kunstgewerbeschule Hamburg, der Vorläuferin der heutigen Hochschule für bildende Künste. Seine Professoren waren der Zeichner, Grafiker und Illustrator Paul Helms sowie der Grafiker und Maler Carl Otto Czeschka, der zu den wichtigsten Gestaltern der Wiener Werkstätten gehörte. Dem Studium folgte ein Aufenthalt in Lübeck, wo Karberg zwei Jahre lang eine kunstgewerbliche Werkstatt leitete. Um 1917 kehrte er nach Hamburg zurück, eröffnete in der Hasselbrookstraße 68 ein Atelier und arbeitete nun als selbstständiger Grafiker. Er entwarf Plakate, Bucheinbände und Logos (Schriftmarken) und erhielt ab 1923 auch Aufträge vom Hamburger Senat. Dazu gehörten amtliche Drucksachen, Urkunden, Medaillen und Ehrenpreise. Außerdem gestaltete er das Siegel der Senatskanzlei neu, die Form der Hamburger Flagge sowie das kleine, mittlere und große Hamburger Staatswappen. Flagge und Wappen sind noch heute gültig. Darüber hinaus entwarf er Drucksachen für die Phoenix AG und für den Tierpark Hagenbeck. Laut seiner Nichte Hele Riecke sympathisierte er „während der Weimarer Republik mit den in Hamburg regierenden Sozialdemokraten (...), was allein schon angesichts seiner Herkunft für ihn nahe lag. Ob er in dieser Zeit auch Parteigenosse war, lässt sich nicht mehr feststellen, ist aber wahrscheinlich, da viele Auftragsvergaben über Parteiverbindungen liefen. Fest steht, dass Karberg zumindest nach 1945 der Partei angehört hat.“ (s. den Katalog zur Bruno-Karberg-Ausstellung im Museum für Bergedorf und die Vierlande 2005, S. 20 f.). 1930 zog er innerhalb Eilbeks in die Straße Landwehr 35 um. Er war Mitglied der Berufsverbände Bund Deutscher Gebrauchsgrafiker (BDG), Deutscher Werkbund e.V. (DWB) und Meister der Einbandkunst (MDE).
Mit der Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 wurden die beiden erstgenannten gleichgeschaltet, der Werkbund löste sich daraufhin 1934 auf, wurde aber unter dem bekannten Namen unter nationalsozialistischer Leitung bis 1938 weitergeführt. Der MDE löste sich 1937 selbst auf, statt sich gleichschalten zu lassen. Karberg erhielt auch unter der neuen nationalsozialistischen Regierung in Hamburg weiterhin Aufträge von der Stadt. So gestaltete er zwischen 1933 und 1945 die Ehrenbürgerbriefe für Adolf Hitler und Hermann Göring, entwarf die von Hamburg gestifteten Ehrenpreise für sämtliche Minister der Reichsregierung sowie verschiedene Plaketten und Pokale für die Ressorts Kultur und Sport - darunter etwa einen Pokal mit der Inschrift „Ehrenpreis für den siegenden SA-Reiter im Jagedspringen Klasse L der Hamburger Pferdesportwoche Mai 1934. SA der NSDAP. Der Standortführer Hamburg". Ebenfalls 1934 erhielt er den Auftrag, das Sitzungszimmer des Senats im Hamburger Rathaus neu zu gestalten - von den Möbeln über die Beleuchtung und die Wandgestaltung bis hin zu Unterschriftenmappen und Schreibutensilien. Außerdem schuf er Vierländer Möbel als Geschenk Hamburgs für Hermann Göring und zeichnete verantwortlich für die Innengestaltung der Gauführerschule Barsbüttel.
1935 trat Karberg der NS-Volkswohlfahrt (NSV) bei, einem der NSDAP angeschlossenen Verbände. Die NSV war als reichsweite Wohlfahrtseinrichtung die zweitgrößte NS-Massenorganisation. Sie organisierte u.a. das Winterhilfswerk, die Kinderlandverschickung und das „Mutter und Kind“-Hilfswerk sowie ab Kriegsbeginn die Bombenopferbetreuung und Flüchtlingsversorgung. Da sie relativ fern von der NS-Ideologie zu stehen schien, wirkte sie auch für diejenigen akzeptabel, die dem Regime abwartend oder kritisch gegenüber standen, es aber doch zweckmäßig fanden, in eine Parteiorganisation einzutreten. Tatsächlich verkörperte auch die NSV exakt die NS-Ideologie, „war ihre Arbeit doch von rasse- und erbbiologischen Selektionskriterien bestimmt“. Ihre Hauptaufgabe bestand darin, so ihr Leiter Erich Hilgenfeldt, „die Gesundheitsführung des deutschen Volkes zu übernehmen und ihm rassehygienisches Denken und Handeln beizubringen“. Gefördert werden sollten nur die gesunden und „rassisch wertvollen“ Mitglieder der „Volksgemeinschaft“, von jeder Fürsorge auszuschließen seien „Gemeinschaftsfremde“, „Asoziale“ und „Arbeitsscheue“ sowie Alte und Kranke. All jene überließ die NSV der öffentlichen und konfessionellen Fürsorge.
Am 1. Mai 1937 wurde Karberg zudem Mitglied der NSDAP, laut der Einführung zum Ausstellungskatalog 2004, „um weiterhin seinen Beruf ausüben zu können" (S. 21). Dabei zählte er nicht, so die Einführung weiter, „zu der breiten Masse von Gebrauchsgrafikern, die ihr Schaffen sofort und bedingungslos dem neuen System unterordneten, um weiterhin im Geschäft zu bleiben" (ebd.). So ließe sich beispielsweise „nur ein Plakat nachweisen, in dem er ein Hakenkreuz als Stilmittel verarbeitete." Für die Gestaltung der bereits erwähnten zahlreichen Drucksachen und Ehrenpreise der Stadt Hamburg allerdings hätte er die Verwendung von NS-Hoheitszeichen nicht vermeiden können. Insgesamt sei Karbergs Einkommen während der Ns-Zeit sei „vergleichsweise gehoben gewesen", so ein weiterer Beitrag im Ausstellungskatalog von 2005 (S. 57).
Im September 1937 wurde Karberg verhaftet, unter dem Vorwurf eines „Sittlichkeitsverbrechens“ in das Hamburger Untersuchungsgefängnis gebracht und 12 Tage später, am 29.9.1937, wieder entlassen. Insgesamt sei er mindestens zweimal während der NS-Zeit inhaftiert gewesen, weshalb er zugleich als „Opfer wie Mitträger des Regimes" gelte, so das Fazit im Ausstellungskatalog (S. 24).
Am 29.10.1937 wurde das neue Bergedorfer Bahnhofsgebäude eingeweiht. Hierfür hatte Karberg die beiden monumentalen Wandgemälde in der Schalterhalle ebenso entworfen wie die Holzpaneele mit den Holzschnitzerein zwischen den Türen am südlichen Eingang.
1943 erhielt Karberg zusammen mit dem „Blut und Boden"-Dichter Friedrich Wilhelm Hymen den Dietrich-Eckart-Preis. Diesen hatte der Hamburger NS-Senat 1933 „zum ehrenden Gedächtnis des allzu früh verstorbenen großen nationaldeutschen Dichters Dietrich Eckart und zur Förderung des sich Art und Rasse bewussten deutschen Schrifttums“ eingeführt. Dazu in einer Drucksache für Senatssitzungen 1933 der damalige Staatssekretär Ahrens: „(…) Der Lessing-Preis bleibt nach dem Satzungsentwurf ein ausschließlich nach künstlerischen Gesichtspunkten zu bewertender Preis, während der Dietrich-Eckart-Preis vor allem für literarisch-propagandistische Leistungen im Sinne der Idee des Nationalsozialismus gedacht ist. Selbstverständlich soll auch er nur verliehen werden, wenn eine wirklich künstlerische Leistung vorliegt. Diese muss aber immer mit nationalsozialistischer Gesinnung verbunden sein.“
Ursprünglich wurden mit dem Preis Schriftsteller ausgezeichnet, 1942 widmete der Senat ihn zu einem generellen Kulturpreis um, „für dessen Verleihung deutsche Volksgenossen in Betracht kommen, die auf irgendeinem Gebiet kulturellen Schaffens – sei es des Schrifttums, der Musik, der Architektur, der Malerei, der bildenden Kunst oder der Wissenschaft – Leistungen aufzuweisen haben, die beispielhaft sind für die Vertiefung der Idee nationalsozialistischer Volksgemeinschaft." Der Preis sollte zudem von nun an stets am 1. Mai als dem damals „Nationalen Feiertag des Deutschen Volkes“ verliehen werden; das Preisgeld betrug 10.000 Reichsmark, was 1943 für Karberg und Hymen bedeutete, dass jeder von ihnen 5000 Reichsmark erhielt. Das Preisrichterkollegium hatte seinen einstimmigen Vorschlag hinsichtlich Karberges gegenüber Reichsstatthalter Karl Kaufmann damit begründet, dass Karbergs Arbeiten, „insbesondere auf dem Gebiet der repräsentativen Formgebung der Hansestadt Hamburg sich durch großes künstlerisches Können und handwerkliche Treue auszeichnen und damit der Idee wahrer Volksgemeinschaft in beispielhafter Form zu dienen geeignet sind." Die offizielle Begründung zur Verleihung des Preises an ihn lautete: „Karberg hat in langen Jahren die repräsentative Formgebung Hamburgs maßgebend gestaltet von einfachen behördlichen Schriftsätzen über Urkunden bis zu Preisen und Ehrengaben aller Art. So hat er auch die Ehrenbürgerbriefe für den Führer und den Reichsmarschall gestaltet. Als Graphiker steht Karberg in Deutschland in der ersten Reihe." Dazu schrieb das Hamburger Tageblatt unter anderem: „(...) Bruno Karberg kann ein großartiges Dokument vorweisen, dass ihn zu dieser Aufgabe [gemeint ist die zuvor erwähnte 'künstlerische Repräsentationsaufgabe', Anm. d. Verf.] legitimiert. Es ist das Dankschreiben des Führers, welches ihm für den Ehrenbürgerbrief von 1933 zuteilgeworden ist. In diesem Schreiben wird dem Werkkünstler bestätigt, daß Urkunde und Kassette 'Dokumente bester deutscher Werkkunst" darstellen." Die Urkunde zur Preisverleihung ließ NS-Gauleiter und Reichsstatthalter Karl Kaufmann Bruno Karberg durch Bürgermeister Carl Vincent Krogmann überreichen.
1943 wurde das Haus in Eilbek, in dem Karberg sein Atelier hatte, durch die Bombenangriffe auf Hamburg zerstört. Nach Kriegsende 1945 zog er in ein Haus im Glindersweg 25 in Bergedorf, das der Stadt Hamburg gehörte. In den 1950er- und 1960er- Jahren arbeitete er unter anderem für die Hamburger Gaswerke und die Hamburger Sparcasse von 1827, Aufträge der Stadt erhielt er nur noch vereinzelt. Durch seine Tätigkeit für die Stadt während der NS-Zeit galt er offenbar als „belastet". Er verarmte in den folgenden Jahren zusehends und wurde schließlich durch einen Schlaganfall nicht mehr arbeitsfähig. Schließlich setzten sich Freunde 1965 bei dem damaligen Hamburger Kultursenator Hans-Harder Biermann-Ratjen dafür ein, ihm durch die Stadt eine Ehrenrente zahlen zu lassen. Die in diesem Zusammenhang nötige Überprüfung möglicher NS-Verflechtungen Karbergs ergab nach einigen Recherche- und Deutungsproblemen schließlich, dass er zwar NSDAP-Mitglied gewesen sei, doch dass „nach Auskunft des Staatskommissars für Entnazifizierung (...) aus der Zeit des Dritten Reiches keine Belastungen festzustellen" seien. Daraufhin beschloss der Senat, ihm ab dem 1.12.1966 eine monatliche Ehrenrente von 270 Mark zukommen zu lassen.
Text: Frauke Steinhäuser