Biografien-Datenbank: NS‑Dabeigewesene

Hans Hinselmann Prof. Dr. Hans Hinselmann

(6. August 1884 Neumünster - 18. April 1959 Hamburg)
Gynäkologe
Adresse: Othmarscher Kirchenweg 170 (1933-1943)
Wirkungsstätte: Direktor der Frauenklinik Altona, Am Teich 2a


Im Jahr 1913 habilitierte sich Hinselmann in Bonn und war als außerordentlicher Professor an der Universität Bonn tätig, bevor er 1925 Direktor der Frauenklinik Altona wurde. Hinselmann ist Erfinder der Kolposkopie, durch die Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs ermöglicht wird. Ab 1930 war er kontinuierlich für dieses Fachgebiet mit einem Lehrauftrag an der Universität Hamburg beschäftigt und 1939 zum apl. Professor ernannt.

1943 wurden Kolposkopie Experimente im KZ Auschwitz durchgeführt, vermutlich um einerseits zu belegen, wie sinnvoll dieses Gerät sei, andererseits die medizinische Forschung mit Menschversuchen voran zu trieben. Der Mitarbeiter Hinselmanns, Helmut Wirths war der Bruder von Eduard Wirts, dieser war SS-Standortarzt im KZ Auschwitz (auch kurzzeitig im KZ Neuengamme). H. Wirths reiste mit dem Kolposkop nach Auschwitz und gab vermutlich die Unterweisung zu Gerätbenutzung vor Ort und führte erste Experimente mit durch. Spätere Zeugenaussagen widersprechen sich deutlich, so dass wenig Klarheit über die Anzahl der misshandelten Frauen, noch über die Art der Durchführung herrscht. Beschreibungen reichen von Färbung und Fotografie des Gebärmutterhalses bis zur Entnahme von Gewebe oder der Entfernung (auch Verstümmelungen) der Gebärmutter. Zur weiteren „Forschung“ wurde das gesammelte Material zu Hinselmann nach Hamburg geschickt.

Von November 1944 bis Anfang 1945 führte Hinselmann an Frauen, die als „Zigeunerinnen“ bezeichnet wurden, auf Anweisung der Gesundheitsbehörde, bzw. Senator Ofterdinger Sterilisierungen durch. Die „Einwilligung“ zur Sterilisierung der Frauen wurde durch Androhung der Deportation nach Auschwitz erpresst; auch waren diese Vorgänge selbst in dem Unrechtsstaat nicht durch das menschenunwürdige „Gesetz zur Verhinderung erbkranken Nachwuchses“ gedeckt.

Nach Kriegsende musste sich Hinselmann wegen illegaler Sterilisierungen in einem der Curio-Haus-Prozesse im Dezember 1946 vor der britischen Militärbehörde verantworten. Wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit wurde er zu drei Jahren Haft und einer Zahlung von 100 000 Reichsmark verurteilt. Seine Berufung im März 1947 wurde abgewiesen. Später war er als Gynäkologe in Groß-Flottbek in Hamburg tätig. 1956 wurde er Ehrenmitglied in der deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe.

Text: Katharina Tenti