Bernhard Nocht
(4.11.1857 Landeshut - 5.6.1945 Wiesbaden)
Direktor des Instituts für Schiffs- und Tropenkrankheiten (Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin), Hafenarzt
Bernhard-Nocht-Straße 74 (Wirkungsstätte)
Bernhard-Nocht-Straße, St. Pauli, benannt 1928
Fuhlsbüttler Straße 756, Ohlsdorfer Friedhof, Grablage: P 6, Althamburgischer Gedächtnisfriedhof
Nach Bernhard Nocht wurde bereits zu dessen Lebzeiten eine Straße benannt: die Bernhard-Nocht-Straße auf St. Pauli, benannt 1928. Zuvor hieß die Straße seit 1800 Bernhardstraße, frei gewählter Vorname ohne Bezug auf eine konkrete Person. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg, Registratur Staatsarchiv AZ. 1521-1/5 Band 3-5: Straßennamen (neue Kartei), alphabetisch geordnete mit Hinweisen).
Bernhard Nocht übernahm 1900 die Leitung des Tropeninstituts. Zuvor hatte er als Hafenarzt gearbeitet und Seeleute und Reisende behandelt. Auch war er als Militärarzt tätig gewesen. Er leitete das Tropeninstitut bis 1930.
„Das Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten (heute dem Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin zuzuordnen) hatte die Aufgaben, Ärzte für den Tropendienst auszubilden, Tropenkranke zu behandeln sowie Tropenkrankheiten (insbesondere Malaria) und Tropenhygiene zu erforschen und leistete damit einen indirekten Dienst für die deutsche Kolonialpolitik. In den 1930er Jahren wurden unter dem Institutsdirektor Peter Mühlens Überlegungen zur zukünftigen Arbeit des Instituts in den ‚wiederzuerlangenden Kolonien‘ angestellt. 1938 nahm in diesem Kontext ein bakteriologisches Labor in Windhuk in Südwestafrika mit Mitarbeitern des Hamburger Instituts seine Arbeit auf. 1939 wurde mit Geldern des Reichsforschungsrates und des Kolonialpolitischen Amtes der NSDAP eine Forschungsstelle des Instituts im britischen Mandatsgebiet Kamerun eingerichtet.“1)
Florian Wagner beschreibt Bernhard Nochts Unterstützung des deutschen Kolonialismus: „Die Gründung des Tropenmedizinischen Instituts in Hamburg, wie auch seine [Bernhard Nochts] Studienreise nach Deutsch-Ostafrika in den Jahren 1911/12 hatten das langfristige Ziel, weißen Kolonialherren den Aufenthalt in den Tropen zu ermöglichen und so koloniale Herrschaft zu sichern.“ 2)
In einem Artikel des Hamburger Abendblattes über Bernhard Nocht wird der Direktor des Medizinhistorischen Museums in Hamburg, Prof. Philipp Osten hinsichtlich Nochts Einstellung der einheimischen Bevölkerung in Kolonialgebieten zitiert: „‘Wie wenig die Gesundheit der einheimischen Bevölkerung berücksichtigt wurde, zeigt besonders anschaulich ein ‚Bericht über eine Reise nach Deutschostafrika‘ aus dem Jahr 1911. Darin kritisierte Nocht die Praktik, das Malariamittel Chinin an Besatzer und Bevölkerung auszugeben, um damit alle Menschen gleichermaßen zu behandeln. Für Nocht sei die beste Malariabekämpfung ‚eine strikte Segregation‘ von Wohnungen der Europäer und denen der ‚Farbigen‘ gewesen. Nocht schrieb: ‚Leider haben es die ärztlichen Rathgeber des Gouvernements nicht einmal erreichen können, dass die im Europaviertel belegene Schule für Negerkinder, die bekanntlich die besten Lieferanten von Malariaparasiten für die Anophelesmücken der Umgebung sind, verlegt wird.‘“ 3)
Bernhard Nocht war „Anhänger der Kolonialbewegung. Von 1922 bis 1925 war er Mitglied der rechtsliberalen Deutschen Volkspartei, die über einen starken kolonial-revisionistischen Flügel verfügte. Im ‚Dritten Reich‘ gehörte er dem Reichskolonialbund an.“ 4)
Florian Wagner erwähnt auch, dass Bernhard Nocht Mitglied des Alldeutschen Verbandes war. 5) Der Alldeutsche Verband, der von 1891 bis 1939 bestand, wurde, so Wikipedia: „als eine der lautstärksten und einflussreichsten Organisationen des völkischen Spektrums wahrgenommen. Sein Programm war expansionistisch, pangermanisch, militaristisch, nationalistisch sowie von rassistischen und antisemitischen Denkweisen bestimmt.“ 6)
Bernhard Nocht gehörte im November 1933 zu den Unterzeichnern des Bekenntnisses der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat.7)
1942 wurde nach ihm in Hamburg das Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten benannt.
Bernhard Nocht und seine Frau nahmen sich 1945 das Leben. In ihrem Abschiedsbrief an ihre Kinder erklärten sie, sie fühlten sich dem Wiederaufbau nicht mehr gewachsen. 8)
Ca. 2021 beauftragte das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin einen Historiker für ein Gutachten zu Bernhard Nocht „im Kontext von Kolonialzeit und NS-Zeit“.