Oskar Martini
(4. Februar 1884 Schwerin - 27. März 1980 Hamburg)
Präsident der Fürsorgebehörde, Senator (1939)
Adresse: Holunderweg 25 (1933-1945)
Wirkungsstätte: Fürsorgebehörde, Rentzelstraße 68/72 (1934) Steinstraße 10 (1936), Sozialverwaltung Ernst-Merck-Straße 9 (Bieberhaus) (1939)
Fuhlsbüttler Straße 756, Ohlsdorfer Friedhof, Grablage: T 26 (52-63)
Oskar Martini war Jurist und wurde nach seinem Studium 1910 zunächst als Assessor bei der Hamburger Staatsanwaltschaft eingestellt. Ein Jahr später wechselte er zur Finanzdeputation, wo er 1913 zum Regierungsrat befördert wurde. Nach verschiedenen Funktionen in der Hamburger Verwaltung leitete er ab 1920 das neu geschaffene Wohlfahrtsamt in Hamburg und baute das Hamburger Fürsorgewesen der Weimarer Republik mit auf. Martini war formelles Mitglied der Deutschen Volkspartei (DVP), engagierte sich aber nicht. Nach der Machtübergabe an das NS-Regime 1933 blieb Martini in der Wohlfahrtsbehörde, im Gegensatz zu vielen Mitarbeitern in leitenden Positionen, die nach dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ ausgetauscht und oftmals durch sogenannte „Alte Kämpfer“ ersetzt wurden. Martini wurde zum Vizepräsident der neu ernannten Behörde für Gesundheit und Fürsorge unter Senator Friedrich Ofterdinger und war für den Bereich Fürsorge zuständig. Im Herbst 1936 wurde er Präsident der Fürsorgebehörde, nachdem die Bereiche Gesundheit und Fürsorge wieder eigenständig wurden. Am 1. Mai 1937 trat er der NSDAP bei. 1938 wurde die Fürsorgebehörde erneut umbenannt, in Sozialverwaltung. Martini führte ab Dezember 1939 den Titel Senator.
Martini bekannte sich öffentlich zur NS-Fürsorgepolitik, die sich der rassisch definierten Volksgemeinschaft verschrieb und Menschen, die als Ballast empfunden wurden ausschloss und so zur Verfolgung und Vernichtung erheblich beitrug. Darunter fielen u. a. Menschen jüdischen Glaubens, als „Asoziale“ beschriebene, Alkoholkranke und Menschen mit (angeblicher) Behinderung. Sie wurden in Hamburg in der Gesundheits- und Fürsorgebehörde registriert und nach deren „Wertigkeit“ für die „Volksgemeinschaft“ beurteilt, danach zwangssterilisiert, abgeschoben, deportiert und ermordet. (Erbgesundheitsgericht unter dem Vorsitz von Carl Meinhof).
Nach Kriegsende war Martini zunächst weiterhin Leiter der Hamburger Sozialverwaltung, bis er im Oktober 1945 von der britischen Militärverwaltung entlassen wurde. Im Rahmen der Entnazifizierung wurde er als Mitläufer entlastet und erhielt daraufhin volle Pensionsbezüge der Stadt Hamburg.
Er war beim Evangelischen Hilfswerk, bei der Rotary-Stiftung in Hamburg aktiv und geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Senator-Erich-Soltow-Stiftung, die später einen Neubau nach Martini benannte.
Text: Katharina Tenti