Biografien-Datenbank: NS‑Dabeigewesene

Adolf Strüver

(1886 - 1947)
Gründer der Firma Ad. Strüver Aggregatebau
Niendorfer Weg 11 (Firmensitz). Hier während des zweiten Weltkriegs ca. 120 Zwangsarbeiter beschäftigt
Strüverweg (benannt seit 1953)


Im September 2020 berief die Behörde für Kultur und Medien eine Kommission aus acht Expertinnen und Experten, die Entscheidungskriterien für den Umgang mit NS-belasteten Straßennamen in Hamburg entwickeln und Empfehlungen zu möglichen Umbenennungen aussprechen sollte.

Die Kommission gab im März 2022 die Empfehlung beim Strüwerweg: Umbenennung. Ihre Begründung: „Strüver profitierte als Unternehmer im Zweiten Weltkrieg vom Aufschwung der Rüstungsproduktion, da er u.a. Aggregate für die Wehrmacht produzierte. Seine Firma unterhielt ein eigenes Lager für über 100 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter. Strüver war damit direkt verantwortlich für deren Ausbeutung durch sein Unternehmen. Eine Umbenennung ist geboten.“ (Abschlussbericht der Kommission zum Umgang mit NS-belasteten Straßennamen in Hamburg, Feb. 2022, www.hamburg.de/contentblob/15965308/8ee2e6d28dbd23e8df84bf75ceabda98/data/empfehlungen-kommission-ns-belastete-strassennamen.pdf)

Schon vor 1953 hieß die Straße nach Strüver und zwar Adolf-Strüver-Weg, da die Straße durch die Werkssiedlung verläuft. 1953 wurde die Straße in Strüverweg umbenannt. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg, Registratur Staatsarchiv AZ. 1521-1/5 Band 3-5: Straßennamen (neue Kartei), alphabetisch geordnet mit Hinweisen).

1893 gründete Adolf Strüver die Ad. Strüver KG in Hamburg, am 23. April 1893 ließ er sie in das Hamburger Handelsregister eintragen. 1932 trat sein Sohn Hans Strüver in das Unternehmen ein und gründete eine Abteilung für Aggregatebau. Von da an bildete die Entwicklung und Fertigung von Stromerzeugungsaggregaten den Kern des Unternehmens. 1936 wurde die Abteilung aus dem Unternehmen ausgegliedert und in eine eigenständige Firma umgewandelt. Diese errichtete 1936 eine neue Produktionsstätte auf dem Gelände des früheren Petersenparks in Groß Borstel (später Niendorfer Weg), die 1939 in Betrieb genommen wurde. Das Grundstück hatte zuvor die Tierhandlung Fockelmann für ihren Tierpark genutzt. Die Fertigung der Aggregate erfolgte unter der Bezeichnung Ad. Strüver Aggregatebau KG.[1] Für die Beschäftigten dieses Unternehmens sowie für die des Zweigwerks der Vereinigten Deutschen Metallwerke (VDM) in Groß Borstel wurden zwischen 1938 und 1941 Wohnblocks am Lokstedter Damm und Brödermannsweg hochgezogen, außerdem entstand die Straße Geesmoor.[2] Während der NS-Zeit trat er nicht der NSDAP bei.
Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 erweiterte das Unternehmen seine Produktion durch den Bau kleiner Feldbahn-Lokomotiven auf Basis eines Lorengestells, angetrieben durch einen 5-PS-Dieselmotor.[3] Diese mit dem rassistischen Begriff „Schienen-Kulis“[4] bezeichneten Fahrzeuge produzierte es bis 1942 in Zusammenarbeit mit der Firma Hatlapa, Uetersener Maschinenfabrik GmbH & Co., Uetersen.[5] Feldbahn-Lokomotiven kamen unter anderem „beim Torfabbau, in Tongruben und Ziegeleien“ zum Einsatz, außerdem „in Kiesgruben, Steinbrüchen, bei Aufgrabungen, beim Straßenbau und auf Baustellen aller Art“, so ein späterer Firmenprospekt.[6] Im Zweiten Weltkrieg dienten Feldbahnen zudem zum militärischen Material- und Personaltransport (Heeresfeldbahn) und bis in die Nachkriegszeit hinein zum Trümmerräumen nach Bombenangriffen.Aggregate stellte Ad. Strüver aber weiterhin her. Diese seien, so ein damals bei Strüver beschäftigter Schweißer, während des Zweiten Weltkriegs „überwiegend für die Wehrmacht“ bestimmt gewesen.[7] Ein Strüver-Aggregat fand bereits 1936 in der Heeresversuchsanstalt Peenemünde Verwendung.[8]
Zwischen Juli 1941 und November 1944 beschäftigte Ad. Strüver Aggregatebau mindestens 120 Zwangsarbeiter. Diese waren in zwei Wohnbaracken mit eigenen Küchen untergebracht, die sich neben dem Fabrikgelände befanden. Es handelte sich um 80 Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion („Ostarbeiterlager“) und 42 Zwangsarbeiter aus anderen Ländern, unter anderem aus Belgien, Italien und Frankreich („Fremdarbeiterlager“).[9]  Bis heute ist Ad. Strüver KG im Bau von Stromerzeugungs-Aggregaten tätig, seit 1977 besitzt die Kölner Deutz AG, auf die die Deutsche Bank maßgeblich Einfluss hat, 94 Prozent der Unternehmensanteile.[10] In einer Ausgabe des Mitgliedermagazins der Handelskammer Hamburg wurden Bundeswehr und NATO 1989 als „wichtige Kunden“ von Strüver bezeichnet.[11] In verschiedenen Publikationen warb das Unternehmen zudem aktiv um militärische Kunden.[12]

Text: Frauke Steinhäuser