Gerhart Hauptmann
(1862-1946)
Schriftsteller
(wirkte und wohnte nicht in Hamburg)
Gerhart-Hauptmann-Platz, benannt seit 1946
„Auf der Sonderliste der sechs wichtigsten Schriftsteller der Gottbegnadeten-Liste (Führerliste). (…) 1905 Mitbegründer der Gesellschaft für Rassenhygiene. (…) Nannte ‚Mein Kampf‘ ‚die in der Tat sehr bedeutsame Hitlerbibel‘. Mitglied und am 16.3.1933 Unterzeichner einer Loyalitätserklärung der Deutschen Akademie der Dichtung der Preußischen Akademie der Künste pro Reichsregierung. (…) 1933 Aufnahmeantrag NSDAP.“ [1]
Rüdiger Bernhardt schreibt in seiner Biografie über Gerhart Hauptmann [2]: „Politisch konnte sich ein großes Publikum immer an Hauptmann orientieren und hat sich an ihm orientiert, kein anderer deutscher Dichter entsprach so sehr populistisch verbreiteten Meinungen, ob es 1914 die Begeisterung für den Ersten Weltkrieg, 1919 das Entsetzen über den Friedensvertrag von Versailles, 1918/1919 die Hoffnungen auf eine Demokratie, 1933 die Korrektur von Versailles und deutsche Führungsansprüche, ob es schließlich 1945 ein völliger Neubeginn nach dem bis dahin schrecklichsten, Zusammenbruch waren.
(…) Seine Erklärungen und Meinungen waren von Naivität gekennzeichnet. Sie wirkten ehrlich, aber wenig grundsätzlich bedacht. Politik, er hatte es seit 1912 immer wieder erklärt, interessierte ihn nicht, durfte ihn als Dichter nicht interessieren. Freunde, die politische Positionen entschieden vertraten (…) versuchten ihm die Gefahren, die daraus entstanden, zu vermitteln.“ (Seite 17). Aber, so Rüdiger Bernhardt weiter: „Es war nicht nur Naivität, die Hauptmanns Urteile prägte; es war auch absichtsvolle Verharmlosung, wie das bagatellisierende Urteil zur Bücherverbrennung: ‚Gottseidank! Nur Bücher! … wohl doch als reine Albernheit, oder nur als brenzlicher Geruch zu bewerten‘ (September 1933).“ (S. 159).
Hauptmann Biograf Rüdiger Bernhardt kommt zu dem Ergebnis: „Sein Verbleiben und sein Verhalten im Dritten Reich war keine ‚innere Emigration‘ und kein ‚inneres Exil‘. (…) (S. 159). Hauptmann „unterschied sich nicht von vielen Deutschen (…), im Juli 1932 wählten ohne Zwang 13,4 Millionen Deutsche, das waren 37,3 % die NSDAP (…). Der Unterschied zwischen ihnen und Gerhart Hauptmann bestand darin, dass der Dichter eine Stimme von Gewicht hatte, mit der er hätte warnen können. Dass er sich benutzen ließ, wurde objektiv zur Schuld, die auch die Schuld Millionen Deutscher wurde. Sie kann nicht durch den Hinweis auf das Werk bagatellisiert werden. (…).“ (S. 161).
„Hauptmann hatte den Nationalsozialismus nicht gewünscht. Nach der Machtübernahme geriet Gerhart Hauptmann in eine schwierige Situation. Er war einer von Deutschlands repräsentativsten Dichtern (…). Aber er trug immer noch den Nimbus eines sozialen Dichters, den man in der Weimarer Republik als Reichspräsidenten hatte sehen wollen, und war der Dichter der ‚Weber‘. Ein Aufstand wie der Weberaufstand lag nicht im Interesse der faschistischen Machthaber, übrigens auch nicht im Interesse des Dichters; es galt diesen Aufstand als Bühnenereignis und seinen Schöpfer vergessen zu machen. Das war das entscheidende Problem, das die Nazis mit Gerhart Hauptmann hatten, der im Übrigen als Repräsentant und nicht-Emigrierter erhalten werden sollte. Ein entsprechender Umgang mit dem Dichter wurde eingeleitet. Einerseits disziplinierte man ihn, andererseits huldigte man ihm. (…)“ (S. 162)
„Hauptmann nutzte den Freiraum, den er sich bewahrte und den man ihm ließ, um Freunden zu helfen. (…) distanzierte sich von der Judenverfolgung, die er an anderen Stellen wieder für ein Schicksal hielt, und hatte andererseits nur sehr verschwommene Vorstellungen, wie mit Juden umzugehen sei. In umfangreichen Überlegungen 1937 rechnete er die Unterstützung, die er von Juden erhalten hatte, gegen den finanziellen Gewinn aus, den er ihnen mit seinen Werken verschafft habe.“ (S. 165).
Eine von Hauptmanns Schwiegertöchtern war Eva Hauptmann, geb. Bernstein (9.11.1894 München – 23.9.1986 Würzburg), Geigerin, Professorin für Musik an der Hochschule für Musik in Hamburg. Sie war die Tochter von Elsa Bernstein, die unter dem Pseudonym Ernst Rosmer zahlreiche Gedichte und Theaterstücke, u. a. das Märchen „Königskinder“, das Engelbert Humperdinck in Musik umsetzte, verfasste. Elsa Bernstein wurde in der NS-Zeit ins KZ Theresienstadt deportiert, wo sie in einem der Prominentenhäuser untergebracht war. Sie überlebte diese Zeit und kam nach der Befreiung aus dem KZ zu ihrer Tochter Eva Hauptmann nach Hamburg, die damals in der Gustav-Leo-Straße 4 wohnte. Dort schrieb Elsa Bernstein ihre Erinnerungen an Theresienstadt auf.
Text: Dr. Rita Bake