Biografien-Datenbank: NS‑Dabeigewesene

Edgar Brinkmann

(geb. 6.6.1896 Hamburg - ?)
Verlagsleiter des „Hamburger Tageblatt“ (NSDAP)
Speersort: Pressehaus


Beruf: Kaufmann, Abgeordneter (NSDAP) der Hamburgischen Bürgerschaft von 1928-1931. Ab November 1933 Vorsitzender des Vereins Deutscher Zeitungsverleger. 1934 Leiter des Verwaltungsamtes des Reichsleiters für die Presse der NSDAP.

Frank Bajohr schreibt in seinem Buch „Arisierung in Hamburg“ über den Zugriff auf den privaten Grundbesitz der Juden: „Ein besonders bezeichnender Fall hatte sich in Hamburg 1937 ereignet, als ein lukratives Kaufhausgrundstück im Zentrum Hamburgs – Jungfernstieg 4/5, Reesendamm 1/3 – den Besitzer wechselte. Bis 1931 war in den Räumen des Gebäudes, das Dr. Gerhard Sostberg und Max Isaac gehörte, das Modenwarenhaus Hirsch & Cie. untergebracht, an dem Max Isaac finanziell beteiligt war. Als die Firma Hirsch & Cie. in der Weltwirtschaftskrise in Zahlungsschwierigkeiten geriet und ihren Betrieb aufgeben musste, wurden Grundstück und Gebäude u. a. mit einer unverzinslichen Grundschuld von 300000 RM belastet, um die Ansprüche der Gläubiger zu befriedigen. Eine weitere Grundschuld in Höhe von 200000 RM wurde zugunsten einer jüdischen Gläubigerin eingetragen.

Um 1932/33 gelang es den Besitzern, ihr Gebäude wieder gewinnbringend zu vermieten. Es entbehrte nicht einer gewissen Pikanterie, daß die jüdischen Eigentümer in ihrem Gebäude fortan den amerikanischen Warenhauskonzern Woolworth GmbH und die nationalsozialistische Parteizeitung ‚Hamburger Tageblatt‘ als Mieter beherbergten.

Anfang 1937 drängte der Verlagsleiter des ‚Hamburger Tageblattes‘, Edgar Brinkmann, die jüdischen Eigentümer zum Verkauf des Gebäudes, das er nach Rücksprache mit dem Münchner Stammverlag Eher & Co. zu einem nationalsozialistischen ‚Pressehaus‘ umgestalten wollte. Da ihm der geforderte Kaufpreis von 2,5 Millionen RM als zu hoch erschien, setzte er die jüdischen Eigentümer mit Hilfe eines ausgeklüngelten Komplotts unter Druck. Durch zwei bevollmächtigte Rechtsanwälte wurde die jüdische Gläubigerin gezwungen, ihren Anspruch von 200000 RM für 80000 RM an die Gesellschafter des ‚Hamburger Tageblattes‘ zu verkaufen. Das Geld hatte der mit Brinkmann befreundete Kaufmann Philipp F. Reemtsma als Darlehen beigesteuert. Im Besitz der Grundschuld leitete das ‚Hamburger Tageblatt‘ nun ein Zwangsversteigerungsverfahren gegen die jüdischen Inhaber mit dem Hinweis auf angebliche Zinsrückstände ein, um sich günstig in den Besitz ihres Gebäudes zu bringen.

Zwischenzeitlich war die Wahl des Standortes für das neue Pressehaus jedoch auf das Verlagsgebäude der ‚Hamburger Nachrichten‘ am Speersort gefallen, so daß das Interesse des ‚Hamburger Tageblattes‘ am Erwerb des Grundstückes Jungfernstieg/Reesendamm schlagartig erlosch. Als bis dahin unbeteiligter Dritter profitierte nun die Woolworth GmbH von der neuen Situation. Sie erwarb das Grundstück für 1,5 Millionen RM von den jüdischen Eigentümern, denen durch das drohende Zwangsversteigerungsverfahren jegliche Verhandlungsspielräume genommen waren. Die Verlagsleitung des ‚Hamburger Tageblattes‘ verbuchte dennoch einen erheblichen Gewinn, indem sie sich die Grundschuld, für deren Erwerb sie nur 80000 RM aufgewendet hatte, von Woolworth in voller Höhe von 200000 RM erstatten ließ.“ [1]