Walter Tyrolf Dr. Walter Fritz Tyrolf
(12. Januar 1901 Zeitz - 24. November 1971 Goldenbek)
Landgerichtsdirektor
Adresse: Abteistraße 37 (1933) Sülldorfer Kirchenweg 66 (1935)
Wirkungsstätte: Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg Sievekingplatz 1-3
Wirkungsstätte: landgericht Hamburg, Amtsstraße 2 in Hamburg Rahlstedt
Tyrolf studierte unter anderem in Frankfurt am Main Jura und wurde in dieser Zeit Mitglied einer schlagenden Verbindung. Im Jahr 1930 wurde er in Hamburg als Gerichtsassessor eingestellt und ein Jahr später zum Amtsgerichtsrat ernannt. 1934 trat Tyrolf in den Nationalsozialistischen Rechtswahrerbund (NSRB) bei und wurde zum Landgerichtsrat befördert. 1937 wurde er zudem Mitglied in der NSDAP und 1939 in der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV). Ab 1940 arbeitete er als Staatsanwalt und wurde auch häufig im NS-Sondergericht eingesetzt. Dort plädierte er in zahlreichen Fällen, auch wegen Bagatellen, auf die Todesstrafe.
Zwar kann man heute davon ausgehen, dass im Sondergericht fast ausschließlich NS-treue Juristen eingesetzt wurden, so fielen dennoch die Beurteilungen Tyrolfs durch Vorgesetzte nicht besonders positiv aus: „Die Bequemlichkeit ist m E ein Charakterzug unter dem das Gesamtbild Dr. Tyrolfs etwas leidet. Auch die politische Haltung wird dadurch beeinflusst.“ (zitiert nach: Can Bozyakali: Das Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht: Eine Untersuchung der NS-Sondergerichte unter besonderer Berücksichtigung der Anwendung der Verordnung gegen Volksschädlinge, Frankfurt/ Main 2005, S. 229.) So ist zu vermuten, dass er sich im Sondergericht beweisen sollte.
Unmittelbar nach Kriegsende wurde Tyrolf im Oktober 1945 erneut am Landgericht Hamburg tätig und dort 1951 zum Landgerichtsdirektor befördert. Der Entnazifizierungsausschuss hatte ihn mithilfe seines ehemaligen Kollegen Ernst Meyer-Margreth entlastet. Tyrolf wurde Vorsitzender eines Schwurgerichts und hatte in dieser Funktion über NS-Verbrechen zu urteilen. Er leitete u.a. als Untersuchungsrichter die Ermittlungen gegen die Täter/innen der Hamburger NS-Kinder „Euthanasie“. In den Jahren 1949/1950 leitete Tyrolf das zweite Gerichtsverfahren gegen den Regisseur Veit Harlan, der u.a. den antisemitischen Propagandafilm „Jud Süß“ gedreht hatte. Harlan wurde vorgeworfen, mit seinem antijüdischen Hetzfilm Beilhilfe zur Verfolgung geleistet zu haben. Tyrolf sprach Harlan in einem umstrittenen Urteil im April 1950 frei.
Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau heiratete Tyrolf im März 1963 die frühere Euthanasieärztin Ingeborg Margarete Wetzel, die er vermutlich während der Ermittlungen kennen gelernt hatte. Im Rahmen einer erneuten Überprüfung wurden Anfang der 1960er Jahre Ermittlungen und interne Untersuchungen gegen Tyrolf eingeleitet. Ein freiwilliges Ausscheiden lehnte dieser ab. Im Jahr 1964 ging er jedoch in den vorzeitigen Ruhestand, offiziell aus Gesundheitsgründen.
Text: Katharina Tenti
Siehe zu Walter Tyrolf auch in dem Aufsatz von Joachim Szodrzynski zum Thema Entnazifizierung hier in der Täterdatenbank auf Seite 26f. www.hamburg.de/contentblob/4462240/data/aufsatz-szodrzynski.pdf