Biografien-Datenbank: NS‑Dabeigewesene

Heinrich Kunstmann

(9. 12.1900 Kirchfarrnbach - 2. 3.1964 Hamburg)
Internist, Naturheilkundler, Politiker (NSDAP)
Dorfstraße (heute: Lemsahler Dorfstraße, Privatadresse)
Wirkungsstätte: Gerhard-Wagner-Krankenhaus, Friedrichsberger Straße 60


Kunstmann meldete sich 1918 freiwillig zur Teilnahme am Ersten Weltkrieg. Nach seinem Kurzeinsatz unterstützte er Ende 1918/ 1919 paramilitärische, national-konservativ gesinnte Freikorps Würzburg und Epp,das nach Oberst Franz Ritter von Epp benannt worden war.Zwischen 1919 und 1924 studierte Kunstmann Medizin und promovierte 1927. Er schloss sich 1930 der NSDAP sowie dem NS-Ärzte- und Dozentenbund an. Zudem unterstütze er die Sturmabteilung (SA) als Standartenarzt. Kunstmann wurde Obermedizinalrat am Städtischen Krankenhaus in Pforzheim und nahm ab 1934 eine Honorarprofessur an der Universität Heidelberg wahr. Mit der Aussicht auf einen Lehrstuhl an der Universität ging Kunstmann1938 nach Hamburg. In den Gebäuden der ehemaligen psychiatrischen Klinik Friedrichsberg, die bereits 1934 geschlossen worden war, wurde ein Krankenhaus für Naturheilkunde eingerichtet, das 1939 seinen Betrieb aufnahm und in Andenken an den kurz zuvor verstorbenen Reichsärzteführer Gerhard-Wagner-Krankenhaus genannt wurde. Kunstmann, als Nationalsozialist bekannt, übernahm die ärztliche Leitung des Krankenhauses und hielt naturheilkundliche Vorlesungen an der Hamburger Universität, einen eigenen Lehrstuhl erhielt er allerdings nicht. Die Universität Hamburg hatte ihm ein Ordinariat für Naturheilkunde angeboten, nach Kunstmanns Vorstellungen sollte der Lehrstuhl aber „Innere Medizin mit besonderer Pflege und Erforschung der natürlichen Heilweise“ heißen, was die Universität ablehnte. Zwar bestimmte Gauleiter Karl Kaufmann einen Kompromiss, doch dieser wurde 1940 mit dem Hinweis auf Sparmaßnahmen während der Kriegszeit vom Reichswissenschaftsministerium abgelehnt. Nach den Bombardierungen des Universitätskrankenhauses in Eppendorf und Friedrichsbergs 1943 wurde Kunstmann von seinen Pflichtvorlesungen entbunden. Kunstmann war Beiratsmitglied der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Naturgemäße Lebens- und Heilweise und gab die medizinische Fachzeitschrift Hippokrates, Wochenschrift für neue deutsche Heilkunde heraus. Am 18. Mai 1945 wurde Kunstmann durch die britische Militärregierung entlassen und interniert. Nach seiner Entlassung engagierte er sich weiter in rechtsextremen Kreisen. 1959 war er kurzzeitig Vorsitzender der Deutschen Rechtspartei und hatte zudem eine Praxis für Naturheilkunde in Hamburg.

In Hamburg wurde für Adolf Robertson ein Stolperstein verlegt. Seine Schwiegertochter Elisabeth Robertson starb im Alter von 46 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung im Gerhard-Wagner-Krankenhaus. www.stolpersteine-hamburg.de

Text: Katharina Tenti