Biografien-Datenbank: NS‑Dabeigewesene

Julius Wohlauf

(3. Juni 1913 Dresden - 17. März 2002 Hamburg)
Polizeioffizier, Kompanieführer sowie stellvertretender Bataillonsführer des Reserve Polizeibataillon (Sommer 1942)
Adresse: Akazienweg 2 (1967)
Wirkungsstätte: Wachtmeisterei der Schutzpolizei der Reserve, Sell {{Strasse: Kleine Wallstraße 9}} (Einsatzgebiet Distrikt Lublin im besetzen Polen)


Wohlauf hatte eine kaufmännische Lehre absolviert und war in den 1930er Jahren in Dresden in der Warenhauskette Herman Tietz beschäftigt. Hier gründete er 1932/33 eine „NS-Betriebszelle“. Er trat im April 1933 in die NSDAP ein und war in der SA aktiv. Ab Februar 1936 folgte der Eintritt in die SS. Im selben Jahr ließ er sich bei der Dresdner Schutzpolizei zum Polizeioffizier umschulen, wo ihm eine militärisch, nationalsozialistische Einstellung bescheinigt wurde. 1938 folgte die Ernennung zum Leutnant der Schutzpolizei, mit der er bei der Besetzung Österreichs teilnahm. Danach war er kurzzeitig als Oberstleutnant bei der Kraftfahrstaffel des in Bremen beheimateten Polizeibataillons 105 tätig und war 1940 gemeinsam mit weiteren Wehrmachtseinheiten an der Besetzung Norwegens beteiligt. Hier kam es zu zahlreichen Beschwerden durch Vorgesetze über vermeintliche disziplinarische Probleme mit Wohlauf. Es folgte Wohlaufs Versetzung nach Hamburg, wo er die Leitung der Unfallbereitschaft übernahm. Im April 1941 stellte er einen eigenen Antrag, mit dem Wunsch erneut im „auswärtigen Einsatz“ tätig werden zu können. Dem wurde stattgegeben und er wurde als Ausbilder und Leiter der 1. Kompanie des Hamburger Reserve-Polizeibataillons 101 entsandt.

Zwischen Juli 1942 und Oktober 1942 war er mit dem Bataillon im Distrikt Lublin im besetzten Polen, mittlerweile zum Hauptmann und SS-Hauptsturmführer befördert, als Kompanieführer und stellvertretender Bataillonskommandeur im „Einsatz“. Dort war er für zahlreiche Kriegsverbrechen verantwortlich, er führte Massenerschießungen von polnischen Jüdinnen und Juden sowie Deportationen von zehntausenden Jüdinnen und Juden in das Vernichtungslager Treblinka durch. In seiner Personalakte lassen sich hinsichtlich seiner Zeit im Distrikt lobende Worte des Bataillonsführers und unmittelbaren Vorgesetzten Wilhelm Trapp finden. So bescheinigte dieser, dass Wohlauf „während des Einsatzes im Generalgouvernement […] gezeigt [hat], daß er den besonderen Anforderungen, die an einem Kompanie-Führer gestellt werden, gewachsen ist.“ (zitiert nach: Martin Hölzl, Julius Wohlauf, in; KZ-Gedenkstätte Neuengamme (Hrsg.): Polizei, Verfolgung und Gesellschaft im Nationalsozialismus, Bremen 2013, S.175).

Das Kriegsende 1945 erlebte Wohlauf während eines weiteren Einsatzes in Norwegen. Nach einem kurzen Aufenthalt in Dresden kehrte er nach Hamburg zurück. Bereits im November 1945 bemühte er sich um eine erneute Einstellung in den Hamburger Polizeidienst, was ihm zunächst verwehrt wurde. Ein Verhör durch die britischen Militärverwaltung im Jahr 1946 blieb folgenlos für Wohlauf, sein früherer Vorgesetzter Major Wilhelm Trapp wurde hingegen nach Polen ausgeliefert und nach einem Prozess 1948 hingerichtet. Im Junı 1949 wurde Julius Wohlauf im Rahmen der Entnazifizierung für den öffentlichen Dienst als nicht tragbar eingestuft.

Im Laufe der 1950er Jahre gelang es ihm dennoch in den Hamburger Polizeidienst aufgenommen zu werden. Am 1. Juli 1955 trat er seinen Dienst als Hauptmann an. In den folgenden Jahren stieg er bis zum Abteilungsleiter für Verkehrssicherheit und Verkehrserziehung auf. 1962 kam es zu Überprüfungen und es wurden Ermittlungen seitens der Hamburger Polizei- und Justizbehörde gegen Wohlauf aufgenommen. 1963 wurde er suspendiert, es folgten Untersuchungshaft und Gerichtsverfahren. 1968 wurde er wegen Beihilfe zum Mord an 9200 Menschen zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Bis zu seinem Tod verklärte Wohlauf die Tatsachen: Er sah sich selbst als Opfer und fühlte sich zu Unrecht verurteilt.

Text: Katharina Tenti