Firmengemeinschaftslager Finksweg Firmengemeinschaftslager Finksweg: AEG-Schiffbaubüro, Wayss & Freytag AG, Niederlassung Hamburg, Deutsche Werft AG, Arbeitsgemeinschaft Finkenwärder Beton- und Monierbau AG
AEG-Schiffbaubüro, Wayss & Freytag AG, Niederlassung Hamburg, Deutsche Werft AG, Arbeitsgemeinschaft Finkenwärder Beton- und Monierbau AG
Firmengemeinschaftslager der aufgeführten Firmen für Zwangsarbeiter*innen
Finksweg
Das Lager war unbewacht und wurde mehrfach erweitert. Im Oktober 1944 waren hier 1221 Zwangsarbeiter*innen in 10 Doppelbaracken registriert, auch mit Kindern. Das Lager bestand von Juli 1941 bis Oktober 1944
In diesem Lager waren auch Säuglinge untergebracht. 3 Kinder kamen im Lager Finksweg zur Welt. 3 Kinder waren im Heimatland ihrer Mutter in der Ukraine zur Welt gekommen. 2 Kinder kamen in der Frauenklinik Finkenau, Hamburg-Uhlenhorst, zur Welt.
4 Kinder verstarben im Lager Finksweg. 1 Kind verstarb im Allgemeinen Krankenhaus Langenhorn. 2 Kinder verstarben in der Universitätsklinik Eppendorf. 1 Kind verstarb im Hamburger Ausweichkrankenhaus Wintermoor , Ehrhorn/Krs. Soltau.
Einige Beispiele:
Viktor Dolisznyj kam am 5.3.1944 in Hamburg zur Welt. Seine Mutter Paraska Dolischna, geb. am 4.3.1921 in Horodok, war römisch-katholischen Glaubens und ledig. Aus ihrer Heimat Ukraine verschleppt, kam sie zunächst nach Hamburg-Langenhorn in das „Ostarbeiterlager“ Tannenkoppel, Weg 4, und musste für die Hanseatische Kettenwerk GmbH (HAK) und / oder die Deutsche Meßapparate GmbH (Messap) Zwangsarbeit leisten. In dieser Zeit war sie schwanger.
Am Tag vor der Geburt ihres Kindes, an ihrem 23. Geburtstag, wurde sie in der Frauenklinik Finkenau, Hamburg-Uhlenhorst, aufgenommen. Dreieinhalb Wochen nach der Entbindung kam sie mit ihrem Sohn Viktor am 29. März 1944 zurück in das Lager Tannenkoppel. In der folgenden Zeit wurde sie zur Zwangsarbeit für die Deutsche Werft AG in das „Ostarbeiterlager“ Finksweg nach Hamburg-Finkenwärder verlegt. Dort musste Victor die kurze Zeit seines Lebens verbringen. Die Ernährungs- und Lebensbedingungen waren für ihn völlig unzureichend.
Er verstarb am 24. April 1945 um 4:00 Uhr im Lager Finksweg. Die Dolmetscherin Vera Kouzkaja, Wohnort Hamburg-Finkenwärder, zeigte den Sterbefall mündlich an. In der Sterbeurkunde ist die Todesursache mit „Rachitis und Durchfall“ angegeben.1)
Alexander Inaschenko kam am 6.10.1939 in Medwescha Balka zur Welt. Seine Eltern, Nadeschka Inaschenko, geb. am 7.4.1913, und Wassily Inaschenko, geb. am 6.8.1906, von Beruf Bauer, waren vermutlich russisch-orthodoxen Glaubens, registriert als „orthodox“. Aus ihrer Heimat Medwesche Balka / bei Kirowograd / Ukraine mit ihren drei dort geborenen Kindern: Alexander, Katerina, geb. am 19.4.1941, und Jewgenia, geb. am 5.3.1943, verschleppt, mussten sie seit dem 12. Juni 1944 in Hamburg-Langenhorn für die Hanseatischen Kettenwerke GmbH (HAK) Zwangsarbeit leisten. Sie waren im Lager Tannenkoppel, Weg 4, untergebracht. Fünf Monate später wurden sie am 13. November 1944 nach Hamburg-Finkenwärder in das Lager Finksweg der Deutschen Werft AG verlegt. Die Ernährungs- und Lebensbedingungen waren für Alexander und seine Schwestern völlig unzureichend.
Einen Tag nach der Kapitulation Hamburgs und Übergabe der Hansestadt an die britische Armee verstarb Alexander am 4. Mai 1945 um 7:00 Uhr im Universitäts-Krankenhaus Eppendorf. In der Todesanzeige des Krankenhauses ist als Todesursache „Scharlach“ „Hämorrhagischi Nephritis“ (zu Blutungen führende Nierenentzündung) „Pneumonie“ (Lungenentzündung) und als unterzeichnender Arzt Kirchmair* angegeben.
Alexanders Geburtsort ist in diesem Dokument mit „Hamburg“ verzeichnet und seine Eltern als unbekannt, „wahrscheinlich“ aus der Ukraine stammend und mit letztem Wohnort „Arbeitslager Finkenwärder“ aufgeführt. 2)
Jurij Laschenko kam am 2.3.1937 in Djnepepotrowsk zur Welt. Seine Eltern, Anna, geb. Litnik, geb. am 5.1.1914 in Weliki / Charkow, und der „Motorist“ Dimitrij Laschenko, geb. am 14.11.1912 in Weliki / Butschki, waren vermutlich russisch-orthodoxen Glaubens, registriert als „orthodox“. Aus ihrer Heimat Weliki Butschki / Ukraine mit Jurij und seinen jüngeren Geschwistern, Nadeschka, geb. am 25.10.1942 in Weliki, und Alexander, geb. am 8.4.1944 in Kamrad, verschleppt, kamen sie zunächst nach Hamburg-Langenhorn. Dort mussten Anna und Dimitrij Laschenko seit dem 12. Juni 1944 bei der Deutschen Meßapparate GmbH (Messap) Zwangsarbeit leisten. Am 20. Januar 1945 erfolgte ihre Verlegung nach Hamburg-Finkenwärder in das Lager Finksweg zur Zwangsarbeit für die Deutsche Werft AG.
Kurz vor Kriegsende wurde Jurij am 2. Mai 1945 mit der Diagnose „Angina Scharlach“ in das Allgemeine Krankenhaus Langenhorn eingeliefert. Drei Wochen später verstarb er dort am 24. Mai 1945 um 20:30 Uhr. In der Todesanzeige des Krankenhauses ist als Todesursache „Scharlach Herzmuskelschwäche“ und als unterzeichnender Arzt Lehmann* angegeben. 3)
Georg Rudometow kam am 7.3.1945 in Hamburg zur Welt. Seine Eltern, Ludmilla, geb. Kratschkowskaja, und Jurij Rudomentow, geb. am 25.8.1925 in Pjatigorsk/Kaukasus, waren seit dem 27. Februar 1943 in Odessa verheiratet und vermutlich russisch-orthodoxen Glaubens, registriert als „orthodox“. Aus ihrer Heimat Russland verschleppt, mussten sie in Hamburg-Finkenwärder für die Deutsche Werft AG Zwangsarbeit leisten, Jurij Rudomentow seit dem 6. Juni 1944 als Maschinenschlosser. Sie waren im „Ostarbeiterlager“ Finksweg untergebracht. Ludmilla Rudomentow war dort in dieser Zeit schwanger.
Im dritten Monat ihrer Schwangerschaft verlor sie ihren Ehemann: Jurij Rudomentow verstarb am 6. Oktober 1944 um 12:25 Uhr auf der Deutschen Werft in Finkenwärder „infolge eines Fliegerangriffs“. Als Todesursache ist im Sterberegister angegeben: „Bombensplitter in der Brust, Zerreissungen der Brustorgane, Oberarm verloren.“ Jurij Rudomento war 19 Jahre alt. Der Sterbefall wurde im Sterberegister auf schriftliche Anzeige des Polizeipräsidenten Hamburg-V.4/44 L.Liste 32844 eingetragen. Zweieinhalb Wochen nach seinem Tod fand am 23. Oktober 1944 seine Beisetzung auf dem Friedhof Ohlsdorf statt, Grablage: Bp 73, Reihe 8, Nr. 6. Eine Grabsteinplatte mit seinem eingemeißelten Namen, seinem Geburts- und Sterbedatum erinnert dort noch heute an ihn.
Sechs Monate nach dem Tod ihres Ehemannes brachte Ludmilla am 7. März 1945 um 1:45 Uhr im Lager Finksweg ihren Sohn Georg zur Welt. Die Dolmetscherin Vera Korezkaja, Hamburg-Finkenwärder, zeigte den Geburtssfall beim Standesamt mündlich an.
Im Lager Finksweg musste Georg die kurze Zeit seines Lebens verbringen. Die Ernährungs- und Lebensbedingungen waren für ihn völlig unzureichend. Er verstarb dort am 2. April 1945 um 16:00 Uhr. Im Sterberegister ist als Todesursache „schwerer Herzschlag“ angegeben. Die Dolmetscherin Vera Korezkaja, Wohnort Hamburg-Finkenwärder, zeigte den Todesfall beim Standesamt mündlich an.4)
Text: Margot Löhr