Biografien-Datenbank: NS‑Dabeigewesene

Karl-Heinz Krahn

(17.7.1915 Altona -12.9.1981 Schleswig)
Ortsamtsleiter von Blankenese von 1961 bis 1980
Karl-Heinz-Krahn-Weg, Lurup, benannt 1984


Nach dem Besuch einer Knaben-Volksschule in Altona absolvierte Karl-Heinz Krahn ebenfalls in Altona eine Knaben-Mittelschule, die er am 31.3.1932 mit der Mittleren Reife beendete. Sein Vater war Mitglied der SPD, er selbst gehörte als Jugendlicher der Sozialistischen Arbeiter-Jugend (SAJ) an. Diese hatte sich 1922 durch den Zusammenschluss des SPD-nahen Verbands der Arbeiterjugendvereine Deutschlands (VAJV) und der USPD-nahen Sozialistischen Proletarierjugend (SPJ) gebildet; Mitglieder waren Mädchen und Jungen zwischen 14 und 18 Jahren. Später wurde er ebenfalls Mitglied der SPD.1)

Am 1. April 1932 begann Krahn unter dem damaligen Altonaer Oberbürgermeister Max Brauer (SPD) (siehe: Max-Brauer-Allee) eine Verwaltungslehre bei der Stadt Altona. In der Zeit trat er auch in die Reichsgewerkschaft Deutscher Kommunalbeamter ein, die zum Allgemeinen Deutschen Beamtenbund gehörte.2) Nur diesen erkannte die SPD 1930 als ihre Beamtenvertretung an.

Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten am 31. Januar 1933 und der Emigration Max Brauers wurde Emil Brix, NSDAP, Altonaer Oberbürgermeister. Unter Brix, so Krahn in seinem Entnazifizierungsfragebogen vom 20. Juni 1945, mussten alle Lehrlinge der Stadt Altona der „nationalsozialistischen Bewegung“ beitreten.3) Der Allgemeine Deutsche Beamtenbund löste sich im April 1933 selbst auf; Krahns bisheriger Jugendverband, die SAJ, wurde am 22. Juni 1933 verboten. Seinen Angaben im Entnazifizierungsfragebogen zufolge blieb er jedoch „weiterhin mit diesen Kreisen in Verbindung“ und hätte daher mit einer Kündigung seines Lehrverhältnisses rechnen müssen. In dieser Situation hätten ihm „die Führer der Altonaer Sozialdemokratie“ dringend geraten, am Ende seiner Lehre 1934 durch Beitritt zu einer NS-Organisation im öffentlichen Dienst zu bleiben: „Es sei nicht im Interesse der SPD, sagte man mir wörtlich, wenn die wenigen in der Verwaltung verbliebenen Parteifreunde durch offenes Auftreten ihre Entlassung aus dem städtischen Dienst hervorriefen.“ Daraufhin sei er einer Pfadfindergruppe beigetreten. Diese wurde jedoch wenige Monate später aufgelöst und ihre Mitglieder in die Hitler-Jugend (HJ) überführt, die Jugendorganisation der NSDAP.4) Krahn gehörte ab dem 3. März 1934 der HJ an. Die dortige Mitgliedschaft war zu jener Zeit noch freiwillig, verpflichtend wurde sie laut der „Zweiten Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Hitler-Jugend (Jugenddienstverordnung)“, Paragraf 1 (2), ab dem 25. März 1939. Damit hatte Krahn jedoch „die Voraussetzungen erfüllt, um im öffentlichen Dienst zu bleiben“. Kurz vor Vollendung seines 20. Lebensjahrs verließ er am 31. März 1935 die HJ.5)

Vom 23. April 1935 bis zum 30. September 1936 war er bei der Wehrmacht dienstverpflichtet. Direkt im Anschluss setzte er als Verwaltungsanwärter seine Berufsausbildung bei der Hansestadt Hamburg fort. Am 15. März 1937 trat er in das Nationalsozialistische Kraftfahrtkorps (NSKK) ein, eine Gliederung der NSDAP, und erreichte dort den zweituntersten Mannschaftsdienstgrad des Sturmmanns (bis November 1939 NSKK-Mann). Dieser Organisation hätte er sich angeschlossen, da die Parteipolitik dort „vollkommen hinter der motortechnischen Ausbildung zurücktrat.“ 6)

Das NSKK war 1922 unter dem Namen Nationalsozialistisches Automobilkorps (NSAK) als Transportabteilung für die SA gegründet worden und 1931 in „Nationalsozialistisches Kraftfahrkkorps“ (NSKK) umbenannt worden. 7) Bis 1934 blieb es eine SA-Sondereinheit, dann wurde es zur NSDAP-Gliederung und erhielt einen eigenen Verwaltungsstab. Entnazifizierungsakten und (veröffentlichte) Erinnerungen einstiger Mitglieder nach Kriegsende lassen das Bild entstehen, es hätte sich beim NSKK um eine „motorisierte Sporttruppe“ gehandelte, „deren Mitglieder an Motoren schraubten, vergnügliche Ausfahrten unternahmen, Motorsport betrieben, bei Aufzügen der Partei halfen und sich um die Verkehrssicherheit kümmerten“. 8) Gelegentlich wird es auch banalisierend als „eine Art ADAC“ 9) bezeichnet. Seine Aufgaben waren die „motorische Ertüchtigung“ der Motor-HJ und die Kraftfahrausbildung für das Heer. Während des Zweiten Weltkriegs diente es u. a. als Transporteinheit für die Organisation Todt beim Bau des Westwalls und für die Wehrmacht beim Bau von Flugplätzen und Bunkern.10)

Karl-Heinz Krahn wurde sechs Wochen nach seinem Eintritt in das NSKK, am 1. Mai 1937, Mitglied der NSDAP. Beides hätte er „erst auf wiederholtes Drängen“ seines Arbeitsgebers getan, da er andernfalls „nie mit einer Anstellung bzw. Beförderung zu rechnen gehabt hätte“. Als Beleg führte er rückblickend an, dass ihn die Stadtverwaltung Altona aufgrund seiner politischen Einstellung nicht, wie es der Dienstordnung entsprochen hätte, 1936, sondern erst 1939 zur 1. Verwaltungsprüfung zuließ und entsprechend später beförderte.11) Im Februar 1939 bestand er die Angestelltenprüfung der Sozialversicherung Hamburg, drei Monate später die Prüfung für den mittleren Verwaltungsdienst Hamburg. Am 1. Juni 1937 trat er dem Reichsbund Deutscher Beamten (RDB) bei, der nationalsozialistischen Einheitsorganisation der Beamtenschaft.12) Der RDB sollte seine Mitglieder zu „vorbildlichen Nationalsozialisten" erziehen, die Beamtenschaft weltanschaulich „durchdringen“ und beamtenpolitische Maßnahmen der Regierung mittragen.13) Er war nach dem Führerprinzip organisiert.

Am 26. August 1939 wurde Karl-Heinz Krahn im Zuge der Mobilmachung als Soldat eingezogen, sechs Tage später marschierte die Wehrmacht in Polen ein und der Zweite Weltkrieg begann. Bis zum 30. Mai 1945 war er Soldat der Infanterie und hatte zuletzt den Rang eines Grenadierleutnants. Er war bei den Besetzungen der Niederlande (10.-15.5.1940), Belgiens (15.5.-2.7.1940) und Frankreichs (2.-31.7.1940) eingesetzt, beim Russlandfeldzug (22.6.-15.9.1941) sowie bei der Besetzung Dänemarks (15.9.1941-1.3.1943) und Norwegens (1.3.1943-1.9.1944). Im Februar 1942 bekam er das Kriegsverdienstkreuz II. Klasse wegen „guter Verwaltungsarbeit in der Kompanie". Während seiner Einsätze für die Wehrmacht bestand er am 24. März 1943 die Prüfung für den gehobenen Dienst und am 2. September 1944 die Begabtenprüfung für die Zulassung zum Studium in Oslo.14)

Nach Kriegsende arbeitete er ab dem 7. Juni 1945 als Stadtsekretär wieder für die Verwaltung der Stadt Hamburg und wurde auch für die SPD wieder aktiv. 1946 bekleidete er kurzzeitig die Stelle des Ortsamts-Dienststellenleiters in Blankenese, wurde aber noch im selben Jahr als Ortsamtsleiters nach Stellingen versetzt. 1961 kehrte er als Ortsamtsleiter nach Blankenese zurück und folgte damit dem zum Bezirksamtsleiter Mitte beförderten Walther Lübbersmeyer (siehe: Lübbersmeyerweg). Er starb unerwartet im Alter von nur 66 Jahren bei einem kulturhistorischen Ausflaug mit dem Kulturkreis Osdorf im Schloss Gottorp in Schleswig.15)

Text: Frauke Steinhäuser