Biografien-Datenbank: NS‑Dabeigewesene

Konstanty Gutschow

(10. Dezember 1902 Hamburg – 8. Juni 1978 ebd.)
„Architekt des Elbufers“
Adresse und Wirkungsstätte: Valentinskamp 90/91 (ab 1935)
Wohnadresse: Gudrunstraße 69 (Das Haus wurde von ihm selbst entworfen. Die Architektur demonstriert die Rückwendung zur heimatgebundenen Bauweise.)


Nach seinem Architekturstudium an der Technischen Hochschule Stuttgart absolvierte Gutschow ein Referendariat im Hamburger Hochbauamt. Danach war er für kurze Zeit im Stadtbauamt Wandsbek tätig und machte sich trotz Wirtschaftskrise 1929 in Hamburg selbstständig. Er lebte in den ersten Jahren von kleineren Aufträgen im Wohnungsbau. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten unterstütze Gutschow ab 1933 die SA, 1937 trat er der NSDAP bei. Ab 1934 arbeitete er an der Altstadtsanierung Altonas mit und bewarb sich immer wieder für Wettbewerbe, so auch 1937 für die Ausschreibung zur Neugestaltung des Elbufers. Gutschows Entwürfe überzeugten die Nationalsozialisten. 1939 wurde Gutschow offiziell zum „Architekten des Elbufers“ ernannt und beauftragt, das Stadtbild Hamburgs neu zu formen. Neben Berlin, München, Nürnberg und Linz wurde nun auch Hamburg zur „Führerstadt“ ernannt. Mit großer Machtfülle ausgestattet, es wurde eine „Durchführungsstelle für die Neugestaltung der Hansestadt Hamburg“ geschaffen, beschäftigte Gutschow in seinem Büro nun bis zu 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Er war direkter Beauftragter des Reichsstatthalters Karl Kaufmanns. In den Neugestaltungsplänen sollte sich das Zentrum Hamburgs weg von der Alster hin zur Elbe als „Tor zur Welt“ entwickeln. Es sollte eine neue, breite Hochstraße entlang der Elbe mit monumentalen Gebäuden entstehen, um die alte Innenstadt mit dem neuen Zentrum (Altona) zu verbinden. Im neuen Zentrum am Elbufer sollte als markanter Blickfang das „Gauhochhaus“ entstehen, das als 250 Meter hohes Hochhaus für den Sitz der Parteizentrale geplant wurde. Zudem sahen die Pläne den Bau eines riesigen Aufmarschplatzes, eine „Volkshalle“, die 50 000 Menschen fassen konnte, sowie ein Hotel der NS-Organisation „Kraft durch Freude“ vor.

Durch das durch diese Bauten entstehende neue Stadtbild sollte die Macht und die Größe des „Dritten Reichs“ widergespiegelt und der „arischen“ Bevölkerung ihre rassische Überlegenheit vor Augen geführt werden.

Die Umsetzung dieser Ideen hätte die Umsiedlung von ca. 40.000 Einwohnerinnen und Einwohner Altonas bedeutet. Es wurden ca. 20 bis 25 Jahre Bauzeit veranschlagt. Da für die Fassadenverkleidung der Neubauten Millionen von Rotklinkersteine benötigt wurden, waren die SS und die Stadt Hamburg ein Kooperationsgeschäft eingegangen. In Neuengamme wurde durch die SS ein KZ errichtet und zahllose Häftlinge wurden in den folgenden Jahren zu härtester Arbeit in den dortigen Klinkerwerken gezwungen. Die Stadt Hamburg profitierte von der Arbeit der Häftlinge und verpflichtete sich 75 Prozent der Jahresproduktion zum üblichen Handelspreis abzunehmen und stellte gleichzeitig ein Darlehen für die Errichtung des Klinkerwerks samt KZ zur Verfügung.

Aufgrund des fortschreitenden Krieges kam es nicht zur Errichtung einer „Führerstadt“. Das Architektenbüro wurde aufgrund zunehmender Kriegsschäden zum „Amt für kriegswichtigen Einsatz“ und organisierte Trümmerräumung, Luftschutzmaßnahmen sowie Ersatzwohnraum-Beschaffung. Mit den Bombardierungen Hamburgs im Sommer 1943 wurde Gutschow immer mehr mit der Wiederaufbauplanungen der Nationalsozialisten betraut. Er entwickelte konkrete Pläne für Hamburg und wurde schließlich in den „Arbeitsstab für Wiederaufbau“ nach Wriezen bei Berlin berufen.

Nach dem Krieg wurde Gutschow mit einem Verbot für öffentliche Auftraggeber belegt. Für kurze Zeit war er als Berater der „Aufbaugemeinschaft“ Hannover tätig und machte sich danach erneut selbstständig. Durch Kontakte und seine ehemaligen Mitarbeiter, die in der Bundesrepublik Karriere machten, war er weiterhin vernetzt und lebte von privaten Aufträgen, u. a. baute er Kliniken auf Helgoland, Tübingen und in Düsseldorf. In den 1960er Jahren erhielt er einen Professorentitel der nordrhein-westfälischen Landesregierung.

Text: Katharina Tenti