Biografien-Datenbank: NS‑Dabeigewesene

Rudolf Otto Neumann

(29.6.1868 Seifhennersdorf/Sachsen – 5.4.1952 Hamburg)
Hygieniker
Rothenbaumchaussee 193 (Wohnadresse ab 1934)
Jungiusstraße (Wirkungsstätte: Institut)
Fuhlsbüttler Straße 756, Ohlsdorfer Friedhof, Grablage: AB 32, 294


Neumann studierte Pharmazie und Medizin und war nach der Promotion 1894 in Pharmazie und 1899 in Medizin an verschiedenen hygienisch-bakteriologischen Forschungseinrichtungen als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt. 1902 habilitierte er sich für die Fächer Hygiene und Bakteriologie und war danach Professor für Hygiene an der Universität Gießen, danach an der Universität Bonn. „Zum 15. März 1903 nahm Neumann eine Stelle als Abteilungsleiter am Hygienischen Staats-Institut in Hamburg an, kündigte jedoch nach einem Dreivierteljahr aufgrund von Differenzen mit dem Direktor William Philipps Dunbar und wegen Unzufriedenheit mit dessen autoritärem Führungsstil. Kurz darauf erhielt er das Angebot, an einer Forschungsreise des Hamburger Tropeninstituts (heute Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin) teilzunehmen; daraus resultierend untersuchte er ab Februar 1904 für drei Monate in Brasilien das Gelbfieber (die Ergebnisse publizierte er gemeinsam mit Moritz Otto im Jahr 1906). Gemeinsam mit Martin Mayer, Abteilungsleiter am Tropeninstitut, nahm er im Anschluss die Arbeit am „Atlas und Lehrbuch wichtiger tierischer Parasiten und ihrer Überträger mit besonderer Berücksichtigung der Tropenpathologie“ auf.  (…) Im Juli 1904 wurde Neumann Assistent am Tropenhygienischen Institut in Hamburg und am dortigen Seemannskrankenhauses. Bereits im Januar 1905 wechselte er aber an das Hygienische Institut der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, (…)“. [1] Neumann wurde später Professor in Gießen und dann Professor in Bonn.

1922 kam er nach Hamburg und war bis 1937 Direktor des dortigen Hygienischen Staats-Instituts (heute Institut für Hygiene und Umwelt). Im April 1933 wurde Neumann Mitglied der NSDAP und unterzeichnete im November 1933 und unterzeichnete im November 1933 das Bekenntnis der deutschen Professoren zu Adolf Hitler.

„Am 21. Januar 1935 wurde das Gesetz über die Entpflichtung und Versetzung von Hochschullehrern aus Anlass des Neuaufbaus des deutschen Hochschulwesens erlassen, aus dem resultierend Neumann entlassen werden sollte, da er das 65. Lebensjahr bereits vollendet hatte. Allerdings wurde kein passender Nachfolger gefunden, sodass er zwar zum 30. September emeritiert wurde, aber seine Aufgaben zunächst in Selbstvertretung weiterführte. Im April 1935 trat er in den Nationalsozialistischen Lehrerbund und den Reichsbund der Deutschen Beamten ein. 1937 erhielt er die Bürgermeister-Stolten-Medaille der Freien und Hansestadt Hamburg. Im gleichen Jahr beendete Neumann seine Tätigkeit am Hygiene-Institut; Nachfolger wurde auf seinen Wunsch hin und nach langen Verhandlungen mit den zunächst ablehnenden Behörden der in München lehrende Hygieniker Karl Süpfle. Als dieser während des Zweiten Weltkriegs zum Heer eingezogen wurde, um an der Front als hygienischer Berater zu dienen, vertrat er ihn bis zum April 1940 kommissarisch; anschließend übernahmen Otfrid Ehrismann und Walter Gaehtgens diese Tätigkeit. Vorlesungen hielt er noch regelmäßig bis zum Sommersemester 1943 und war auch weiterhin unterstützend im Institut tätig. 1943 schließlich kam Horst Habs als Direktor nach Hamburg, im gleichen Jahr erhielt Rudolf Otto Neumann die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft.

Im Rahmen der Entnazifizierung wurde Neumann 1945 in die Gruppe IV, also als ‚Mitläufer‘, eingestuft, in einem Berufungsverfahren 1948 erfolgte eine Neubeurteilung und Einstufung in die Gruppe V (‚Unbelastet‘). Am 20. Juni 1951 wurde die neu angeschaffte Barkasse des Hygiene-Instituts für wissenschaftliche Untersuchungen auf dem Wasser und zur Untersuchung der Qualität des Elbewassers auf den Namen ‚Rudolf Otto Neumann‘ getauft. Im folgenden Jahr starb Neumann. (…)

Politisch war Neumann nationalkonservativ eingestellt und pflegte eine Ablehnung gegen die Sozialdemokratie und den Kommunismus einerseits, einen massiven Antisemitismus andererseits. Während des Dritten Reiches war er Mitglied der NSDAP, allerdings anscheinend ohne Parteiämter auszuüben, seiner Aussage nach dem Weltkrieg zufolge war er kein überzeugter Anhänger der staatlich verordneten Ideologie. Seine Tagebucheinträge, die allerdings nachträglich noch einmal überarbeitet wurden, zeigen einerseits massive Ablehnung einiger nationalsozialistischen Neuerungen in Staat und Gesellschaft, andererseits (besonders im Nachhinein) eine Verklärung der Politik des Dritten Reiches. Nach 1945 unterstützte er die Deutsche Rechtspartei. (…)[2]