Paul Ritterbusch
(31.5.1893 Ottbergen, Kreis Höxter - 1971)
Vorstandsmitglied des Eisenbahnbauvereins Harburg·
Friedrich-List-Straße 1 Hamburg-Harburg (Wohnadresse an 1945)
Ritterbuschplatz, Wilstorf, seit 1981
Ritterbusch arbeitete von 1930 bis 1942 als techn. Reichsbahn-Inspektor der deutschen Reichsbahn.1942 wurde er befördert zum techn. Reichsbahn-Oberinspektor.
Von 1921 bis nach der Befreiung vom Nationalsozialismus war er ehrenamtlich 1. Vorsitzender des Eisenbahn Bauvereins Harburg.
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten trat Ritterbusch am 1. Mai 1933 der NSDAP bei. Er war ab 1934 Mitglied im Reichsbund der deutschen Beamten und Mitglied in der NSV. Vom Kriegsdienst wurde er 1939 freigestellt wegen seiner Tätigkeit als Reichsbahnbediensteter.
Sein Entnazifizierungsverfahren im Jahre 1949 (Fachausschuss Nr. Va/2 Fragebogen Action Sheet) ergab: Einstufung in Kategorie V: entlastet. Gegen die Beschäftigung als techn. Reichsbahnoberinspektor bestehen keine Bedenken. [1]
Am 31. Juli 1950 erhielt die Senatskanzlei ein Schreiben des Ingenieurs Hermann Thomaschewski, VDI. Darin heißt es: „Der Reichsbahn-Oberinspektor Paul Ritterbusch (…) war von 1933 bis 1945 Mitglied der NSDAP. Von vor 1933 bis heute ist er ununterbrochen Vorsitzender des Eisenbahnbauvereins Harburg e.G.m.b.H. in Hamburg-Harburg. In dieser Stellung hat Ritterbusch sich besonders aktiv für die NSDAP eingesetzt und die Bestrebungen der Partei stark gefördert. Bereits vor und kurz nach dem 30. Januar 1933 hat er sich maßgebend bei der Gleichschaltung des Eisenbahnbauvereins eingesetzt und dafür gesorgt, dass die der SPD angehörenden Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats restlos aus dem Vorstand und Aufsichtsrat entfernt und durch bewährte Mitglieder der NSDAP ersetzt wurden. Es ist von ihm veranlasst worden, dass in dem Hause des Eisenbahnbauvereins Ecke Kochstr. und Reeseberg Wohnräume freigemacht und diese der Ortsgruppenleitung Wilstorf der NSDAP zur Verfügung gestellt wurden. Besonders zu prüfen wäre, ob und in welcher Höhe die Ortsgruppenleitung Miete für die Inanspruchnahme dieser Wohnräume an den Eisenbahnbauverein entrichtet hat. Als Kreis-Wohnungsamtsleiter der NSDAP war Ritterbusch die rechte Hand des Kreisleiters Drescher und hatte als solcher maßgebenden Einfluss auf das Baugeschehen zu Gunsten der Partei im Kreise 8.
Nicht unerwähnt bleiben kann, dass Ritterbusch auf Grund seiner einflussreichen Parteistellung dem Eisenbahnbauverein zwangsweise im Jahre 1939 vier gemeinnützige Wohnungsunternehmen, die nicht eindeutig unter NSDAP-Führung standen, angegliedert wurden.
Dass die innere Haltung und die Handlungen des Ritterbusch auch gesinnungsmäßig zu Gunsten der Partei unterbaut waren, wird durch die anliegende Photokopie eines Schreibens des R. an den Kreisleiter Drescher eindeutig bewiesen.
Ich unterbreite dem Senat Vorstehendes unter Bezugnahme auf § 8 des Gesetzes zum Abschluss der Entnazifizierung vom 10. Mai 1950 mit der Bitte, die Angelegenheit zu prüfen und nach dem Ergebnis der Prüfung ggf. weitere Schritte anzuordnen.“ [1]
Bei dem nun folgenden Zitat handelt es sich um eine Kopie des Schreiben von Paul Ritterbusch und August Meyer vom 1.2.1938 an den „Kreisleiter, Parteigenosse Drescher Harburg-Wilhelmsburg 1, Föhrenstrasse 4
Lieber Kreisleiter!
Als wir gestern Abend das Hamburger Tageblatt zur Hand nahmen und die Liste der vom Führer mit dem Goldenen Ehrenzeichen ausgezeichneten Parteigenossen durchsahen, fanden wir zu unserer allergrößten Freude, daß Sie, lieber Kreisleiter, die höchste Auszeichnung der Partei erhalten haben.
Wir übermitteln Ihnen hiermit unsere herzlichsten Glückwünsche zu dieser hohen Ehre und geloben, weiter in treuer Pflichterfüllung für unseren Kreisleiter und für Führer und Vaterland zu arbeiten.
Die Senatskanzlei gab im August 1950 das Schreiben von Hermann Thomaschewski zuständigkeitshalber weiter an das Sekretariat des Staatskommissars für die Entnazifizierung und Kategorisierung. Einen Monat später, am 19.9.1950, kam das Sekretariat des Staatskommissars für die Entnazifizierung und Kategorisierung zu dem Ergebnis „Tn. Ist völlig unbelastet und gilt als ‚von Gesetz nicht betroffen‘“.[1]
Hermann Thomaschewski scheint darüber nicht unterrichtet worden zu sein, denn er erkundigte sich am 4. Juni 1951, ca. ein Jahr nach seinem Schreiben an die Senatskanzlei, beim Sekretariat des Staatskommissars für die Entnazifizierung am Dammtorwall 41 nach dem Fortgang seines Anliegens:
„Betrifft mein Schreiben vom 31.7.1950 an den Senat der Hansestadt Hamburg, betr. Entnazifizierung des Herrn Paul Ritterbusch in Hamburg Harburg 1, Friedrich Liststraße Nr. 1.
Mit Schreiben vom 8.8.1950 – A IV – ist mir von der Senatskanzlei des Senats der Hansestadt Hamburg mitgeteilt worden, daß mein Schreiben vom 31. Juli 1950, betr. aktive nationalsozialistische Haltung des Reichsbahn Oberinspektors Paul Ritterbusch (…) Ihnen zur Prüfung und Bearbeitung zugeleitet wurde. Im Hinblick auf die seitdem verstrichene lange Zeit von fast zehn Monaten gestatte ich mir die Bitte um Auskunft, ob die Nachprüfung der aktiven nationalsozialistischen Haltung des Herrn Ritterbusch inzwischen durchgeführt worden ist und zu welchem Ergebnis sie geführt hat.“ [1]
Zehn Tage später, am 14. Juni 1951, erhielt Hermann Thomaschewski, Hamburg-Harburg, Kroosweg 30 Antwort: „Betr.: Entnazifizierung Paul Ritterbusch. Bezug: Ihr Schreiben vom 4.6.1951. Ihre Eingabe vom 31.7.50 an den Senat der Hansestadt Hamburg ist zuständigkeitshalber nach hier abgegeben worden. In einem ordentlichen Entnazifizierungsverfahren wurde Ritterbusch im Jahre 1949 durch den zuständigen Ausschuss überprüft. Die Wiederaufnahme des Entnazifizierungsverfahrens gemäss § 8 des hiesigen Abschlussgesetzes ist auf Grund Ihrer Eingabe vom 31.7.50 nicht möglich und vom Ausschuss nicht beschlossen worden.“ [1]
Zehn Tage nach dieser Antwort schrieb Hermann Thomaschewski am 24. Juni 1951 erneut an den Herrn Staatskommissar der Hansestadt Hamburg für die Entnazfizierung/Kategorisierung: „Ihr Schreiben vom 14. d. Mts., betr Entnazifizierung des Herrn Paul Ritterbusch habe ich dankend erhalten. Ich gestatte mir darauf folgendes zu erwidern:
Gemäß § 8 des Gesetzes des Staates Hamburg zum Abschluß der Entnazifizierung vom 10. Mai 1950 können Personen, die nach einem bereits durchgeführten Entnazifizierungsverfahren auf Grund neuen Beweismaterials ungünstiger beurteilt werden müssen, nach Maßgabe der bisherigen Vorschriften einem Entnazifizierungsverfahren erneut unterworfen werden. Diese Voraussetzung scheint mir im Falle des Reichsbahn Oberinspektors Paul Ritterbusch eindeutig und in vollem Umfange vorzuliegen. Es ist nicht anzunehmen, daß die in meinem Schreiben vom 31. Juli 1950 an den Senat der Hansestadt Hamburg aufgeführten politischen Belastungen dem zuständigen Ausschuß in ihrem ganzen Umfange und mit ihrem vollen Gewicht vorgelegen haben. Vor allem erscheint es mir sehr zweifelhaft, ob dem Ausschuß bekannt war, daß das besonders aktive Verhalten des Herrn Ritterbusch zu Gunsten der NSDAP von vor 1933 bis 1945 seiner ureigensten inneren Überzeugung entsprach, wie es durch die überreichte Photokopie des Schreibens des Herrn Ritterbusch an den Kreisleiter Drescher bewiesen ist. Dafür, daß dem zuständigen Ausschuß die Haltung des Herrn Ritterbusch gegenüber der Partei und sein aktives Wirken in der Partei und für sie nicht im vollen Umfange bekannt war, spricht der Umstand, daß Ritterbusch vollkommen entlastet worden und daß seine weitere öffentliche Bestätigung keinerlei Beschränkung unterworfen worden ist. Bei Kenntnis aller politischen Belastungen und ihres Ursprungs musste erwartet werden, daß in voller Würdigung der Wichtigkeit der Stellung des Herrn Ritterbusch in der Öffentlichkeit und durch dadurch unterstützte Wirkung seiner Tätigkeit in der Partei und für sie das Urteil nach den maßgebenden Bestimmungen und der Praxis der Entnazifizierungsauschüsse hätte wesentlich härter ausfallen müssen.
§ 8 des Gesetzes des Staates Hamburg zum Abschluß der Entnazifizierung vom 10 Mai 1950 sieht zwar nicht vor, daß Entnazifizierungsverfahren erneut auf Grund neuen Beweismaterials durchgeführt werden m ü s s e n, sondern nur durchgeführt werden können. Die Gleichheit aller vor dem Gesetz verlangt meines Erachtens jedoch, daß neues wichtiges Beweismaterial, wie es von mir vorgelegt worden ist, als zwingender Grund für die erneute Durchführung eines Entnazifizierungsverfahrens gelten muß.
Ich bitte, die Angelegenheit unter voller Würdigung der vorstehend dargelegten Gesichtspunkte nochmals eingehend zu prüfen und den Reichsbahn Oberinspektor Paul Ritterbusch einem Entnazifizierungsverfahren erneut zu unterwerfen. Von dem Ergebnis erbitte ich Nachricht.“ [1]
Zehn Tage später, am 3. Juli 1951, bekam er Antwort: „Der § 8 des Abschlussgesetzes ist nur für schwere und politisch bedeutsame Fälle vorgesehen.
Wie in dem diesseitigen Schreiben vom 14.6.1951 bereits mitgeteilt, ist schon vor Inkrafttreten des Abschlussgesetzes ein ordentliches Entnazifizierungsverfahren vor dem zuständigen Ausschuss durchgeführt worden.
Damit endet der Schriftwechsel, bzw. sind keine weiteren Schriftstücke diesbezüglich in den Akten zu finden.