Hans Martin Ruwoldt
(15.2.1891 Brunsbüttelkoog – 16.10.1969 Hamburg)
Bildhauer, Leiter der Landeskunstschule
Flottbeker Chaussee 242, heute Elbchaussee (Wohnung)
Schwarze Straße 1 (Atelier)
Baron-Voght-Straße 57 (Wohnadresse nach 1945)
Ruwoldtweg, in Steilshoop seit 1972
Hans Martin Ruwoldt war der Sohn eines Gelegenheitsarbeiters und hieß mit eigentlichem Namen Hans Martin Meier. Nach dem Tod seiner Mutter wuchs er bei dem Schwager seines Vaters, dem Baumeister Ruwoldt in Wismar auf. 1920 nahm Hans Martin den Familiennamen Ruwoldt an. 1)
Von 1910 bis 1914 absolvierte er, der vorher schon eine Bildhauerlehre als Former und Modellierer abgeschlossen hatte, an der Kunstgewerbeschule in Hamburg in der Bildhauerklasse von Richard Luksch eine Bildhauerausbildung.
Manfred Sihle-Wissel äußert über den bildhauerischen Werdegang Ruwoldts: „Der Künstler durchlitt den Ersten Weltkrieg als Soldat und in französischer Gefangenschaft. Diese Zeit und seine eigenen Erlebnisse brachten ihn zum Tiefpunkt seines Lebens. Nach Kriegsende wollte er kein Bildhauer mehr sein.
Nur sehr langsam und zögerlich konnte er die erlebten Schreckensbilder bannen und seiner Depression Herr werden. Viele Jahre war es ihm überhaupt nicht mehr möglich, dem Bilde des Menschen glaubwürdige Gestalt zu geben. So trat das Tier immer stärker in das Blickfeld seines künstlerischen Schaffens und er wandte sein ganzes Wesen der Kreatur zu. Die Kreatur in ihrem schlichten Dasein, in ihrer natürlichen Reinheit ohne jegliche Schuld, in ihrem Schweigen war für sein zerstörtes Gleichgewicht wie ein besänftigendes Heilmittel. Dieses Band, diese Bande, die Ruwoldt damals zu den stillen Gefährten des Menschen gebunden hat, sind auch nie wieder gelöst worden.“ 2)
1923 heiratete Ruwoldt Anne-Marie Leisewitz. Das Paar bekam eine Tochter Dagmar Ruwoldt (1926 – 2008 Hamburg). Sie wurde Malerin und Graphikerin.
Hans Martin Ruwoldt war ab 1928 Mitglied der Hamburgischen Sezession und bis „1936 Fachschaftsleiter Bildhauer der Reichskammer der bildenden Künste. Zum Teil NS-Gebrauchskunst.“ 3) „Im Auftrag der Hamburger Nationalsozialisten fertigte er 1938 für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges ‚einen adlerartigen aus der Asche aufsteigenden Phönix als Ersatz für das entfernte Hamburger Ehrenmal, das eine trauernde Mutter mit Kind darstellte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das frühere Relief rekonstruiert.“ 4)
Aus seinem Entnazifizierungsfragebogen geht hervor, dass Ruwoldt kein Mitglied der NSDAP gewesen war. Der NSV gehörte er von 1943 bis 1945 an. Ruwoldt gab an, 1936 aus dem Vorstand des Hamburger Kunstvereins ausgeschlossen worden zu sein. Seine Arbeiten im Museum für Hamburgische Geschichte wurden als „entartet“ vernichtet. 5)
Im Text zur online Ausstellung „Beckett in Hamburg 1936“ der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg heißt es zu Ruwoldt: „1932 bezog Ruwoldt ein Atelier im Ohlendorffhaus und beteiligte sich 1936 mit zwei Arbeiten an der anlässlich der Olympiade in Berlin gezeigten Kunstausstellung. Ein Torso von ihm wurde in der Aktion ‚Entartete Kunst‘ beschlagnahmt. Dennoch versuchten die Nationalsozialisten immer wieder, ihn zu vereinnahmen. So auch als sie ihn mit der Umgestaltung des Ehrenmals auf dem Platz vor dem Hamburger Rathaus betrauten. Wie Kluth wurde auch Ruwoldt im Zweiten Weltkrieg erneut eingezogen, 1943 allerdings wegen eines Beinleidens freigestellt. Nach langen Diskussionen wegen seiner ‚Vergangenheit‘ erhielt Ruwoldt 1955 eine Professur an der Landeskunstschule und wurde im selben Jahr mit dem Edwin-Scharff-Preis geehrt. 1969 übereignete er den Großteil seines Gesamtwerks dem Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg, zwei Monate später vernichtete ein Feuer sein Atelier in dem ehemaligen Bauernhaus an der Baron-Voght-Straße in Klein Flottbek. Noch im selben Jahr verstarb er.“ 6)
Von 1955 bis 1959 leitete Ruwoldt die Bildhauerklasse der Hochschule für bildende Künste Hamburg. Ein schwerer Verkehrsunfall zwang ihn, seine Lehrtätigkeit aufzugeben.