Biografien-Datenbank: NS‑Dabeigewesene

Kurt Eckelmann

(3.8.1916 Hamburg – 27.12.1994 Hamburg)
Hafenunternehmer (eigene Berufsbezeichnung „Ewerführer“, hervorgetreten beim Container-Umschlag im Hamburger Hafen, Mitglied der FDP von 1963-1978, Mitbegründer der Liberal-Sozialen Union in Hamburg
Admiralitätstraße 26 (Wirkungsstätte)
Kurt-Eckelmann-Straße (Waltershof seit 1996)


Nach dem Schulabschluss absolvierte Curt Eckelmann ab dem 1. April 1933 bei der Wilhelmsburger Hansa-Mühle eine Lehre als Ölmüller und arbeitete dort anschließend als kaufmännischer Angestellter.[1] Von 1934 bis 1936 war er Mitglied der Hitler-Jugend [2]. 1935 trat er zudem der an die NSDAP angeschlossenen Deutschen Arbeitsfront (DAF) bei.[3] Zuvor war Eckelmann nach eigenen Angaben Mitglied des Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verbands gewesen [4], einer völkisch und antisemitisch ausgerichtete Angestelltengewerkschaft, die erst gleichgeschaltet, dann der DAF unterstellt wurde und schließlich im Oktober 1934 in dieser aufging.[5] Die DAF als NS-Massenorganisation „aller schaffenden Deutschen“[6] sollte „die ,Beseitigung des Klassenkampfes’ verwirklichen, das heißt den strukturellen Gegensatz zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern auflösen“[7]. Ebenfalls 1935 schloss sich Eckelmann dem NS-Reichsbund für Leibesübungen an, der von der NSDAP betreuten Dachorganisation des Sports während der NS-Zeit. Mitglied wurde er laut eigenen Angaben in seinem Entnazifizierungsfragebogen vom 9. Februar 1946, weil er Mitglied des Hamburger Sport-Vereins (HSV) gewesen sei.[8] Der HSV hatte sich nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 umgehend gleichgeschaltet und war dem Führerprinzip gefolgt. Er hatte seine jüdischen Mitglieder ausgeschlossen, zahlreiche Funktionäre und Spieler waren Mitglieder der NSDAP, der SA und der SS geworden. Gleichwohl musste niemand Mitglied in einem gleichgeschalteten Sportverein bleiben, wer damit nicht einverstanden war, konnte austreten.

Von April bis September 1936 leistete Curt Eckelmann pflichtgemäß seinen sechsmonatigen Reichsarbeitsdienst.[9] Direkt danach wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Bei seiner Entlassung Ende September/Anfang Oktober 1938 hatte er den Dienstgrad eines Feldwebels inne.[10] Am 1. November 1938 trat er zudem der NSDAP bei.[11]

Ab Ende Oktober 1938 arbeitete er ein knappes Jahr lang in der Firma seines Vaters Carl Robert Eckelmann als Decksmann auf Schleppern sowie als Tankschiffer und Ewerführer.[12] 1939 trat er dem Nationalsozialistischen Reichskriegerbund Kyffhäuser bei [13], ebenfalls eine von der NSDAP betreute Organisation. Gegründet am 4. März 1938, war dieser Zusammenschluss ehemaliger Soldaten aus dem Deutschen Reichskriegerbund Kyffhäuser hervorgegangen und „betrieb Kameradschaftspflege im NS-Sinn“.[14] Den Vorsitz hatte der SS-Obergruppenführer Wilhelm Reinhard inne („Reichskriegerführer“), der bereits vorher Bundesführer des Deutschen Reichskriegerbundes Kyffhäuser gewesen war.[15] Er gehörte seit 1927 der NSDAP an und trug das Goldene Parteiabzeichen. Als SS-Ehrenführer zählte Reinhard ab 1938 zum Stab des Reichsführers SS Heinrich Himmler.[16]

Ende August 1939, kurz vor Kriegsbeginn, wurde Curt Eckelmann erneut zur Wehrmacht eingezogen (Panzerabwehr-Abteilung 225 in Hamburg) und im April 1940 zum Leutnant der Reserve befördert.[17] Ab August 1940 bis Kriegsende im Mai 1945 war er mit Unterbrechungen – unter anderem wegen zweier Lazarettaufenthalte – als Soldat im Einsatz, bei der Besetzung der Niederlande, Belgiens und Luxemburgs, beim Angriff auf Frankreich, im von Deutschland besetzten Norwegen und Dänemark sowie zuletzt an der Oder. Während seines Einsatzes in Dänemark entschied sein Vater im November 1942, ihn zum Mitinhaber des familieneigenen Unternehmens zu machen.[18]

Bei Kriegsende ersparten seine guten Englischkenntnisse Curt Eckelmann laut eigenen Angaben die Gefangenschaft, er arbeitete für die amerikanischen und britischen Besatzungsmächte als Übersetzer. Außerdem trat er als Sänger auf.[19] Im familieneigenen Unternehmen war er für die Korrespondenz mit dem Kriegsschadensamt zuständig und erzielte eine Schadenssumme von 1,1 Millionen Reichsmark.[20] Zudem kümmerte er sich um die Arbeitseinteilung. Drei Wochen nach Kriegsende, am 31. Mai 1945, heiratete er Ruth Elisabeth Bachmann. Sie hatte im NS-Regime gemäß den Nürnberger Rassegesetzen als „Mischling ersten Grades“ gegolten. Ihre Vorfahren stammten aus Neuhaus an der Oste, wo Curt Eckelmann als Kind regelmäßig seine Ferien verbrachte. Ruth Bachmann und er lernten sich jedoch erst später in Hamburg kennen.[21]

Der Spruchkammerbescheid in Curt Eckelmanns Entnazifizierungsverfahren lautete mit Datum 16. August 1946: „Er ist unbelastet und kein Nazi. Er darf in seiner Stellung bleiben“ (übers. durch die Autorin).[22] Im selben Jahr rüstete Curt Eckelmann zwei Schuten zu Lastschiffen um und verkaufte sie für rund zwei Millionen Mark an eine englische Reederei.[23] In den folgenden Jahren befasste er sich mit Ölumschlag sowie Organisation und technischer Entwicklung der Ewerführerei. 1961 übernahm er das Familienunternehmen und wandelte die ehemalige Ewerführerei Carl Robert Eckelmann nach und nach in eine international tätige Firmengruppe mit Terminals in Wien, Lissabon und La Spezia um.[24] Dabei setzte er auch auf den Container als Warentransportmittel der Zukunft. Mit dem Bau des Eurokai-Container-Terminals war der „Hafenlöwe“, wie er wegen seiner zahlreichen Unternehmungen auch genannt wurde, an der Umstrukturierung des Hamburger Hafens in einen fast vollständig automatisierten Containerhafen beteiligt. Viele Hafenarbeiter verloren im Zuge dieser Umstrukturierung ihren Arbeitsplatz, ganze Industriezweige wurden in Regionen mit niedrigeren Lohnkosten ausgelagert, der größere Platzbedarf der Containerschiffe und der neuen Warenumschlagtechniken zog eine Verlangerung des Hafens elbabwärts nach sich. Die Flächen, die einst das Zentrum des Hamburger Hafens gebildet hatten, lagen brach (Großer und KleinerGrasbrook, östlichesSteinwerder).

1963 trat Eckelmann in die FDP ein. Diese schloss ihn 1978 aus, da er aus Protest gegen den „ausgeprägten Linkstrend in der Hamburger FDP“ und der damit einhergehenden Koalitionsaussage zugunsten der SPD vor der Bürgerschaftswahl im selben Jahr mit einer eigenen Gruppierung, der Liberal-Sozialen Union, bei der Wahl antreten wollte.[25] Die Gruppierung zog ihre Bewerbung schließlich zurück und forderte die Wählerinnen und Wähler anschließend auf, die CDU zu wählen.[26] Diese nominierte ihren „Wahlkämpfer“ Eckelmann nach der Wahl als Deputierten für die Wirtschaftsbehörde, der er zuvor bereits einmal als FDP-Mitglied angehört hatte. Eckelmanns Wiederaufnahmeantrag in die FDP lehnte die Partei Anfang 1981 ab.[27]

1976 hatte Curt Eckelmann für seine hervorragenden Verdienste um Hamburg und vor allem um den Hamburger Hafen die Medaille der Stadt Hamburg für treue Arbeit im Dienste des Volkes in Silber erhalten.[28]

Zu seinen ehrenamtlichen Tätigkeiten gehörten die Gründung des Hafen-Klubs (1965), dessen Vorsitzender und später Ehrenvorsitzender er war, sowie die Mitbegründungdes Curlingclubs Hamburg (1969) Außerdem war er Aufsichtsrat der Gesamthafen-Betriebsgesellschaft, Mitglied des Verkehrsausschusses der Handelskammer, Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft Wirtschaftlicher Mittelstand in der Bundesrepublik Deutschland. e.V. sowie des Bundesausschusses für Grundsatzfragen und Programmatik der FDP.[29]

1996 nannte der Hamburger Senat die Straße Griesenwerder Damm in Waltershof in Kurt-Eckelmann-Straße um. Das Firmengebäude der Eckelmann-Gruppe trägt die Hausnummer 1.

Text: Frauke Steinhäuser