Biografien-Datenbank: NS‑Dabeigewesene

Erich Eckardt

(16.07.1900 – 08.10.1974)
Adresse: Haakestraße 30, Hamburg-Harburg (1938)
Wirkungsstätten: Amtsgericht Harburg-Wilhelmsburg, Landgericht Hamburg, Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Sievekingplatz;
Gericht der Division Nr. 190, Zweigstelle Hamburg; Gericht der Wehrmachtkommandantur Hamburg, beide Kaserne Bundesstraße, Bundesstraße 54.


Erich Eckardt, geboren am 16. Juli 1900 in Oldenburg (Oldb.), nahm in den letzten Kriegsmonaten als Soldat am Ersten Weltkrieg teil. Anschließend studierte er Rechtswissenschaften in Jena, Rostock, München und Göttingen und war von Ende 1919 bis April 1920 im Zeitfreiwilligenbataillon in Rostock, einem Freikorps, aktiv. Er promovierte in Göttingen und kam 1930 als Amtsgerichtsrat an das Amtsgericht Harburg-Wilhelmburg. Im Jahr 1938 arbeitete er als Hilfsrichter am Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg, und kam wenig später als Landgerichtsrat an das Landgericht Hamburg als Beisitzer in einer Strafkammer. 1943 wurde er zum Oberlandesgerichtsrat befördert. Eckardt war seit 1933 Mitglied der NSDAP sowie der Reiter-SS. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs zog die Wehrmacht ihn zum Kriegsdienst ein, den er als Offizier absolvierte. Ab dem 1. Dezember 1940 wurde er in der Heeresjustiz eingesetzt und trat zunächst seinen Dienst am Gericht der Division Nr. 190 in Neumünster an. Als Kriegsgerichtsrat der Reserve gehörte Eckardt ab Mai 1941 dem Gericht des Kommandanten von Groß Paris an, wo er an zahlreichen Prozessen gegen Frauen und Männer des französischen Widerstands mitwirkte. Gleich zu Beginn seiner Tätigkeit in Paris hatte er den Vorsitz in einer Verhandlung gegen 26 Angeklagte, von denen er zwölf wegen Feindbegünstigung und Spionage zum Tode verurteilte. Im Januar 1944 beförderte die Wehrmacht ihn zum Oberkriegsgerichtsrat und nach dem Rückzug der Wehrmacht aus Paris im Sommer 1944 kehrte er nach Hamburg zurück. Hier wurde er am Gericht der Division Nr. 190, Zweigstelle Hamburg, und am Gericht der Wehrmachtkommandantur Hamburg eingesetzt. Am letztgenannten Gericht war er als Vertreter der Anklage am Todesurteil gegen den Oberleutnant Kurt Stenike beteiligt, der am 14. April 1945 wegen Fahnenflucht zum Tode verurteilt und am 20. April 1945 am Standortschießplatz Höltigbaum erschossen wurde.
Am 2. Mai 1945 wurde Erich Eckardt aus der Wehrmacht entlassen und Ende Juni desselben Jahres von der Militärregierung verhaftet. Er saß unter anderem im Hüttengefängnis ein, wurde aber am 22. Oktober 1945 wieder entlassen. Wenig später stellte er einen Antrag auf Bestätigung im Amt. Auf Anweisung der Militärregierung gab das Hanseatische OLG diesem Antrag jedoch zunächst nicht statt, sondern entließ ihn stattdessen im März 1946 aus dem Beamtenverhältnis. Hintergrund war seine frühere Mitgliedschaft in der SS. Erich Eckardt stellte nun einen Antrag auf Wiedereinstellung und unterzog sich pflichtgemäß einem Entnazifizierungsverfahren. Der Fachausschuss „Justiz“ stufte ihn am 12. Dezember 1947 in die Kategorie IV ein („Mitläufer“) und ließ ihn vorläufig und auf Dienstleistungsbasis wieder als Landgerichtsrat zu. Doch die Senatskommission für die Justizverwaltung beschloss im April 1948, erst dann über seine Wiedereinstellung zu entscheiden, wenn das Ergebnis einer weiteren politischen Überprüfung vorläge. Ende Mai 1948 lag diese Entscheidung vor: Der Berufungsausschuss „Justiz“ für die Ausschaltung von Nationalsozialisten stufte Eckardt nun in die Kategorie V ein („Entlastete“) und gab grünes Licht, ihn wieder in sein altes Amt zu setzen. Der Ausschuss begründete die Entscheidung damit, dass sich aus Eckardts Persönlichkeit ergebe, dass er mit den Methoden der NSDAP nichts zu tun gehabt und diese abgelehnt habe. Die Zugehörigkeit zur Reiter-SS habe im Wesentlichen nur sportlichen Charakter gehabt. Seine Tätigkeit als Kriegsrichter in Paris sei zudem als aktives Handeln gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft zu werten. Ende Juni 1948 trat Erich Eckardt wieder seine Stelle als Oberlandesgerichtsrat an, arbeitete allerdings fortan in einem Zivilsenat. Mit Wirkung vom 1. Januar 1968 wurde er in den Ruhestand versetzt; er starb am 8. Oktober 1974.
Text: Dr. Claudia Bade