Hans Mahler
(15.8.1900 Hamburg – 25.3.1970 Hamburg)
Schauspieler, Theaterleiter
Schubertstraße 5 (Wohnadresses nach 1945)
Hans-Mahler-Straße in Steilshoop seit 1977
Hans Mahler wuchs mit drei Geschwistern in Hamburg-Rothenburgsort auf. Sein Vater arbeitete als Meister an den Rothenburgsorter Gaswerken. Bevor Hans Mahler 1925 zur Niederdeutschen Bühne kam und 1933 dort fest angestellt wurde, war er Buchhändler gewesen und nach dem Konkurs der Buchhandlung, in der er angestellt war, Stauer im Hafen. Hans Mahler arbeitete als Film- und Theaterschauspieler sowie als Theaterregisseur und -leiter. 1949 übernahm er – bis zu seinem Tod 1970 – die künstlerische Leitung des Ohnsorg-Theaters und Walter Scherau die kaufmännische.
1937, damals lebte Mahler mit seiner Ehefrau Heidi Kabel in der Steinstraße 21, trat der der NSDAP bei (Mitgliedsnummer: 5433938) [1] Darüber schreibt Heidi Kabel in ihren Erinnerungen und gibt sich die Schuld für seinen Eintritt in die NSDAP. So äußert sie, sie habe ihren Mann zur Mitgliedschaft in der NSDAP gedrängt, weil sie ihn endlich habe heiraten wollen. Dazu benötigte das Paar aber finanzielle Mittel, z. B. um Möbel kaufen und eine Wohnung mieten zu können. Deshalb erschien ihr die 1936 ausgeschriebene Stelle des Intendanten am Lüneburger Theater als Hoffnungsschimmer und sie drängte ihren Mann, sich zu bewerben. Voraussetzung für die Stelle war allerdings die Mitgliedschaft in der NSDAP. Heidi Kabel empfand solch eine Mitgliedschaft nur als Formsache: „Es war alles eine Formsache. Es wurden nun mal eben Parteimitglieder bei der Vergabe von Anstellungen bevorzugt. (…) ich kam nur immer zu demselben Schluß, Mahler musste der NSDAP beitreten, um Intendant in Lüneburg zu werden. Nur wenn er den Posten bekäme, wäre unsere gemeinsame Zukunft gesichert (…) Für mich war dieser Beitritt zu einer NS-Organisation nichts weiter, als wenn ich irgendeinem Verein beigetreten wäre. (…).“ [2]
Mahler bekam die Stelle nicht, denn andere Bewerber, die schon seit Längerem in der NSDAP waren, wurden bevorzugt. In seinem Entnazifzierungsfragebogen gibt Mahler an, bis 1942 Mitglied der NSDAP gewesen zu sein. [3]
Mahler, der seit 1931 als Schauspieler und Regisseur bei der Niederdeutschen Bühne in Hamburg engagiert war, blieb also in Hamburg bei der Niederdeutschen Bühne. Von 1944 bis 1945 „diente“ er als Soldat im Zweiten Weltkrieg (Landesschütze bei den Landesschützen Lüneburg). Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus erhielten Mahler und seine Frau Heidi Kabel eine zeitlang Auftrittsverbot. Im Hamburger Staatsarchiv liegt eine Copy eines Schreibens vom Richard Ohnsorg-Theater an Herrn Stadtamtmann Cousin Hamburg, Rathaus vom 6. September 1945 vor, aus dem hervorgeht, wer diese Entscheidung traf. In diesem Schreiben, datiert vom 6. September 1945, wird mitgeteilt, dass am 25. August 1945 ein Treffen – gemeint ist das Treffen des Entnazifizierungs- Kommitees – stattfand unter dem Vorsitz von Captain Davies und dem Beisitz von Mr. Olden (John Olden war damals der britische Theateroffizier, späterer Ehemann der Schauspielerin Inge Meysel). In Vertretung für die Deutsche Schauspieler Vereinigung waren vertreten Frau Ida Ehre und Herr Cecil Goericke. Die Schauspielerin Ida Ehre hatte in der gesamten Zeit des Nationalsozialismus wegen ihrer jüdischen Herkunft Auftrittsverbot gehabt und im Sommer 1945 das Haus an der Hartungstraße 9 als neues Theater erhalten (Hamburger Kammerspiele). Die Niederdeutsche Bühne war vertreten durch Herrn Beiswanger und Herrn Streblow. Weiter heißt es in dem Schreiben: In der Versammlung wurden alle Fälle individuell behandelt und Captain Davies fällte folgende Entscheidung: Magda Bäumken-Bullerdiek, Heidi Mahler-Kabel, Otto Lüthje und Hans Mahler werden für 12 Monate suspendiert, danach werde eine neue Duskussion stattfinden. Irmgard Deppisch-Harder und Christina Hansen dürfen spielen. [4]
Ab 1948 war Mahler wieder am Richard-Ohnsorg-Theater beschäftigt, darüber hinaus auch am Nordwestdeutschen Rundfunk.
1949 übernahm er die Leitung des Theaters, führte es aus der Krise der Nachkriegszeit und machte es zum populärsten Theater Deutschlands. In der Nachkriegszeit und in der Zeit des Kalten Krieges „sprachen [Mahler und Scherau] mit ihrer Werbung ein dezidiert konservatives Publikum an. ‚Mit der Heimat im Herzen kämpfen wir, um unsere tausendjährige kraftvolle Sprache vor gefährlicher Überfremdung zu schützen. Wir sind die Stimme der plattdeutschen Welt!‘ (Abonnement-Einladung 1952).“ [5] Der Theaterwissenschaftler Ulf-Thomas Lesle schreibt in seinem Buch „Das niederdeutsche Theater“ über diese Zeit: „Hans Mahler hatte – nachdem er 1946 als ‚Mitläufer‘ eingestuft und entnazifiziert worden war – 1949 die Leitung des mittlerweile in eine finanzielle Krise geratenen Theaters übernommen. Dieser Stand der Dinge resultierte aus folgendem: Mahlers Vorgänger Rudolf Beiswanger hatte nach dem von der Militärregierung durchgesetzten Rücktritt Ohnsorgs den Versuch gewagt, die niederdeutsche Bühne von der Erblast ‚völkischer‘ Gesinnung zu befreien. Doch Beiswanger scheiterte. Sein Versuch, beispielsweise auch mit hochdeutschen Schauspielen – unter anderem inszenierte er Barlachs ‚Der tote Tag‘ – den Beweis anzutreten, daß ein regionales Theater mehr sein konnte, als nur ein am kurzzeitigen kommerziellen Erfolg orientiertes Unternehmen, hatte seinerzeit das finanzielle Risiko bewußt in Kauf genommen. Daraufhin hatten es vor allem Peyn – der sich 1948 auf seinen Besitz nach Sylt absetzte – und Hans Mahler leicht, durch gezielte Angriffe auf die niederdeutsche Bühne in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, daß sich in der Person des unbequemen Beiswanger ein Verräter an der niederdeutschen ‚Sache‘ inkarniert hatte. (…) Richard Ohnsorg starb 1947. Aber der Geist, aus dem heraus er einst die niederdeutsche Bühnenbewegung initiiert hatte, setzte sich im Nachkriegsdeutschland fort. Auf einer Tagung niederdeutscher Autoren hielt Hans Heitmann 1950 einen Grundsatz-Vortrag, der nahtlos an die Gedankensubstanz der ‚Niederdeutschen Bewegung‘ der Zwanziger und 30er Jahre anknüpfte. ‚Wir erkennen in der (…) Vermassung, in der Auslöschung der Eigenwerte (…) die große, verhängnisvolle Gefahr unserer Zeit. Der Kollektivismus bedroht uns (…).‘Dieser hinlänglich bekannte ‚völkisch‘-irrationale Duktus paßte zum antikommunistischen Vokabular des ‚Kalten Krieges‘. (…) In einer Phase kultureller Irritation setzte sich die Anrufung des Volkstums als gedanklicher Fluchtpunkt unverändert fort: mit Hilfe des bekannten Schemas begrifflicher Oppositionen – hier ‚Vermassung‘, dort ‚Persönlichkeit‘ – wurde niederdeutsche Eigenart als ein Ausdruck nationaler Besonderheit neuerlich in einen Kampfauftrag übersetzt.“ [6]