Biografien-Datenbank: NS‑Dabeigewesene

Wohldorf-Ohlstedt und Farmsen-Berne


Die ehemaligen Walddörfer Wohldorf-Ohlstedt und Farmsen-Berne in der NS-Zeit

Wohldorf-Ohlstedt und Farmsen-Berne sind durch ihre gemeinsame Geschichte als Hamburger Walddörfer verbunden. Sie wurden im 14. und 15. Jahrhundert von Hamburg erworben, um aus ihren Wäldern Bau- und Brennholz zu gewinnen. Der Senat setzte zur Verwaltung der Dörfer Waldherren ein, die die Abgaben der Bevölkerung, die Pachten und die Gelder aus Verkäufen von Holz und landwirtschaftlichen Produkten einzogen. Die Waldbestände wurden im Lauf der Jahrhunderte durch Rodung stark reduziert, sodass Farmsen (1296 erstmals urkundlich erwähnt) zu einem „Walddorf ohne Wald“ (Chronist Melhop) wurde. Dafür wurde dort seit dem 15. Jahrhundert am von der Berner Au gespeisten Kupferteich eine Mühle betrieben, die erst als Kupfermühle der Münzproduktion, später als Korn-, Säge- und Walkmühle diente. Ende des 19. Jahrhunderts erzeugte die Wasserkraft sogar Elektrizität. Darüber hinaus wurde der Lehm und Ton des Bodens zur Ziegelherstellung genutzt, so dass es in Farmsen schon früh Bevölkerungsteile gab, die nicht von der Landwirtschaft, sondern von der Arbeit in Manufakturen und Fabriken lebten. Das nahe an Farmsen gelegene Gut Berne gehörte seit 1375 dem Hospital St. Georg und kam auf diese Weise in Hamburger Besitz. 1902 wurde auf dem Gelände des Staatsguts Farmsen das Werk- und Armenhaus, später Versorgungsheim Farmsen eröffnet (dazu mehr im nachfolgenden Aufsatz von Ingo Wille).

Die Wahlergebnisse vom 6. November 1932 zeigen, dass es in Farmsen-Berne zu diesem Zeitpunkt noch eine überwältigende Stimmenmehrheit für die linken Parteien gab: SPD 1.370, KPD 501, NSDAP 466, DNVP 167. Im März 1933 war die linke Mehrheit zwar etwas reduziert, aber immer noch sehr deutlich: SPD 1.304, KPD 436, NSDAP 791, Kampfbund Schwarz-Weiß-Rot 137.

 

Die Walddörfer Wohldorf und Ohlstedt wurden 1303 bzw. 1292 erstmals in Urkunden erwähnt. Sie gehörten im Mittelalter den Schauenburger Grafen. An der Stelle des heute noch vorhandenen Herrenhauses Wohldorf befand sich im Mittelalter eine Burganlage. Sie wurde 1347 von Hamburg zerstört. 1370 wurde Wohldorf von Hamburger Bürgern erworben, 1440 wurde es endgültig hamburgisch, das dort errichtete Herrenhaus diente den „Waldherren“, die zur Verwaltung der Walddörfer eingesetzt waren, als Amtssitz und Erholungsort. Auch in Wohldorf gab es am Lauf der Ammersbek mehrere Mühlen, die Kupferhämmer und Mahlwerke für Getreide und Öl antrieben. Die Abhängigkeit der Einwohner des Dorfes vom Gut – sie mussten z. B. Hand- und Spanndienste leisten, aber auch ihr Bier und ihren Branntwein dort kaufen – endete 1807 mit dem Verkauf des Guts. Ohlstedt wurde 1463 an den Rat der Stadt Hamburg verkauft. Die Bauern des Dorfes hatten ebenfalls ihre Ab­gaben an die Hamburger Waldherren zu entrichten. 1872 wurden Wohldorf und das nahe Ohlstedt zu einer Gemeinde zusammengeschlossen. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts begannen Grundstücksmakler damit, die Gemeinde als neuen Wohnstandort für betuchte Bürger anzubieten. Aber erst ab 1925, als die Orte durch die Weiterführung der Walddörfer-Bahn von Volksdorf bis Ohlstedt näher an die Stadt Hamburg „heranrückten“, setzte eine nennenswerte Neubesiedelung ein. 1931 wurde auch das Wohldorfer Gutsgelände parzelliert und bebaut.

Die mehrheitlich bürgerliche und bäuerliche Wahlbevölkerung wählte bereits am 6. November 1932 überwiegend rechts: SPD 199, KPD 71, NSDAP 275, DNVP 151. Am 5. März 1933 hatte sich der Stimmanteil der NSDAP noch einmal signifikant erhöht: SPD 177, KPD 45, NSDAP 421, Kampfbund Schwarz-Weiß-Rot 119.

Text von Ulrike Sparr aus dem Buch von Ulrike Sparr und Björn Eggert: Stolpersteine in Hamburg. Biographische Spurensuche. Herausgegeben von der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und dem Institut für die Geschichte der deutschen Juden. Hamburg 2011.