Biografien-Datenbank: NS‑Dabeigewesene

Gustav Wahl Dr. Gustav Wahl

(25. Juli 1877 Berlin - 12. April 1947 Hamburg)
Bibliothekar
Adresse: Hochallee 60 (1933)
Wirkungsstätte: Staats- und Universitätsbibliothek (ab 1936 Bibliothek der Hansestadt Hamburg), altes Gebäude des Johanneums, Speersort/Domplatz
Fuhlsbüttler Straße 756, Ohlsdorfer Friedhof, Grablage: Y 10, 191-194


Gustav Wahl trat 1902 in die bibliothekarische Laufbahn ein. Nach Volontariat und wissenschaftlicher Hilfsarbeit, gestaltete er ab 1907 die Senckenbergische Bibliothek in Frankfurt am Main in eine öffentliche Bibliothek um. 1913 wurde Wahl zum Direktor der neugegründeten Bücherei des Börsenvereins der Buchhändler gewählt. Er baute die Bibliothek auf und rief 1914 eine Kriegssammlung ins Leben, die maßgeblich dazu beitrug, die Deutsche Bücherei über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt zu machen. 1916 trat Wahl von seinem Posten zurück und wurde für zwei Jahre Bibliothekar des Reichsgerichts in Leipzig. 1918 wurde er Direktor der Hamburgischen Stadtbibliothek, die er mit Gründung der Universität 1919 in eine Staats- und Universitätsbibliothek (SUB) umwandeln sollte. Für die angestrebte Modernisierung konnte er mehr Personal einstellen und es wurden mehr Räumlichkeiten für Verwaltung, Lesesaal sowie Ausstellungen zur Verfügung gestellt. „Den Übergang in den NS-Staat vollzogen die deutschen Bibliotheken als Institution und die Bibliothekare als Berufsstand beinahe reibungslos.“ (Zimmermann: „Die Verpflichtung zum Dienst an der Volksgemeinschaft tritt immer mehr in Bewusstsein“, in: Auskunft, Zeitschrift für Bibliothek, Archiv und Information in Norddeutschland, 31. Jahrgang 2011, 58.) Auch für Gustav Wahl und seine Interessen und Werte ergaben sich viele Schnittstellen mit den Nationalsozialisten. Er trat der NSDAP bei und konzipierte zwischen 1933 und 1943 29 öffentlichkeitswirksame Ausstellungen zu Themen wie Kriegsverherrlichung, Kolonialromantik, Volksgemeinschaft, Antisemitismus mit dem Titel der “Der ewige Jude“ oder „Das Buch des Führers“. Damit trug die Bibliothek aktiv zur Verbreitung der NS-Kulturpropaganda bei. Zudem interessierte sich Wahl für das Deutschtum im Ausland, er war Vorstandsmitglied der Ortsgruppe des Vereins für das Deutschtum und baute in der Bibliothek eine Sammlung von Literatur zu diesem Themengebiet auf. Außerdem hielt er an der Universität Hamburg als Honorarprofessor für Buch- und Bibliothekswesen Vorlesungen über die Kulturgeschichte des Auslandsdeutschtums.

Aus gesundheitlichen Gründen ging Wahl Anfang 1943 in den vorgezogenen Ruhestand.

Text: Katharina Tenti