Biografien-Datenbank: NS‑Dabeigewesene

Wilhelm Jensen

(1882-1960)
Pastor. Heimatforscher
Kreuzkirche in Hamburg Wandsbek
Wilhelm-Jensen-Stieg, Jenfeld, benannt 1975


Dr. Carl Wilhelm Jensen 12.09.1882 in Beken (Apenrade) - 06.03.1960 in Hamburg Kreuzkirche Wandsbek, Kedenburgstraße 12. Wilhelm Jensen wird am 12. September 1882 im nordschleswigschen Beken im Kreis Apenrade geboren. Nach dem Abitur in Flensburg studierte er Theologie. Am 24. Oktober 1909 wurde er in der St. Marienkirche in Rendsburg ordiniert. Danach war er als Provinzialvikar in Brunsbüttel und 1910 Hilfsprediger in der St Nikolai-Kirche}} Kiel und St. Nikolai Flensburg tätig. Am 10. Juli 1910 wurde er als Kopastor der {{nolink: Kirchengemeinde St. Margarethen bei Wilster eingeführt. In St. Margarethen sollte er 23 Jahre Pastor bleiben. Unterbrochen wurde seine Tätigkeit dort durch den Dienst als Feldgeistlichen im Ersten Weltkrieg. Ab dem 14. März 1915 bekleidete er die Hauptpastorenstelle von St. Margarethen. Neben seinem Pfarramt zeigte sich Jensen sehr interessiert an der Geschichte der Region Wilster. 1913 legte er eine umfangreiche Kirchspielchronik von St. Margarethen vor, die neben St. Margarethen, auch die Orte Landscheide, Büttel und Kudensee umfasst. In St. Margarethen ist der Wilhelm-Jensen-Weg nach ihm benannt.

1919 war er Initiator zur Gründung des Heimatvereins Wilstermarsch. Hier hatte er das Amt des Schriftführers inne. 1922 promovierte er an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel zum Dr. phil. Im Jahr 1925 erschienen die ersten beide Bände des dreibändigen Heimatbuches des Kreises Steinburg, an denen Jensen mitarbeitet. Im Oktober 1933 endete Jensens Dienstzeit in Wilster und er wechselte zur Kreuzkirchengemeinde nach Hamburg-Wandsbek. Als Jensen 1935 vom Sachverständigen für Kirchenbuch- und Sippenfragen}} in der Deutschen Evangelischen {{nolink: Kirchenkanzlei}} zum Obmann für {{nolink: Schleswig-Holstein}} ernannt wurde, war seine Arbeit nicht mehr nur regional begrenzt. Ein Jahr später veröffentlichte er eine Aufstellung der {{nolink: Kirchenbücher}} der {{nolink: Kirchengemeinde}} {{nolink: Schleswig-Holsteins}} und Lauenburgs. Dieses Werk war eine der Grundlagen bei der Ausstellung der sogenannten „Arierernachweise“ in {{nolink: Schleswig-Holstein.}} In seinem Vortrag „Unsere {{nolink: Kirchenbücher,}} ihre Entstehung und Bedeutung (Über die Sippenforschung)“ sagt Jensen, dass durch die Forderungen des „Dritten Reichs“ die Bewegung (der Familienforscher) gewachsen und die Bedeutung der {{nolink: Kirchenbücher}} nun jedem einzelnen „Volksgenossen“ klar sei. Er bezeichnete die Hilfe der Pastoren bei der Mitarbeit an den „Ariernachweisen“ als großen Dienst an der Volksgemeinschaft. Damit erbrachte Jensen aber im Umkehrschluss auch einen Beitrag zur Erfassung der Christen jüdischer Herkunft in {{nolink: Schleswig-Holstein.}} Die antisemitische Haltung Jensens lässt sich in einem Schreiben aus dem März 1941 an das Landeskirchenamt Hamburg zur Gestalt des Gesangbuches verdeutlichen. Jensen regte an, man solle das Gesangbuch von allen „Judaismen“ befreien. Hierunter fällt auch das im {{nolink: Kirchenlied}} „Eine feste Burg ist unser Gott“, bei dem Jensen vorschlug, die Worte „Der Herr Zebaoth“ durch „Retter in der Not“ zu ersetzen. Ebenso waren seine Vorschläge, dass jene Lieder, die die Worte „Jehova“ oder „Zions Mauer“ beinhalten, abzuändern seien. Die Antwort, die Jensen von Landesbischof Tügel erhielt, war vernichtend. Tügel nannten die Änderungswünsche eine „Ehrfurchtlosigkeit gegenüber dem gewaltigen Text der Reformation und „geschmacklose und sinnlose Abänderung des Lutherliedes.“ Außerdem stellt Tügel seine Stellung als Landesbischof und seine Ansichten zu solchen Ansinnen an seine Kirche dar: „Es tut nicht gut, wenn Zwerge an dem gewaltigen Text eines Geistesriesen [Luther] herumbasteln […]. Auch finde ich, daß das Einheitsgesangbuch so viele Lieder enthält, daß für Herr und Heimat genügend Auswahl besteht. Es gehört wirklich schon die Tapsigkeit eines Neunzigjährigen bei Verdunklung dazu, um ausgerechnet wieder in die kleinen Schlaglöcher der wenigen Hebraismen hineinzustolpern.“ Auch unter der neuen {{nolink: Kirchenleitung}} nach dem Kriegsende bekleidete Jensen ein landeskirchliches Amt. Er wurde Beauftragter für das Kirchenbuchwesen der {{nolink: schleswig-holsteinischen}} Landeskirche und kann exemplarisch für die personelle Kontinuität in der Landeskirche nach 1945 stehen. Jensen blieb bis 1948 Pastor in Wandsbek. Im gleichen Jahr ereigneten sich noch zwei wichtige Begebenheiten. Zum einen initiierte Jensen unter dem Eindruck der Zerstörung des Krieges die Gründung der „Matthias-Claudius-Gesellschaft“. Die Gesellschaft sollte die Stätten der Erinnerung an Matthias Claudius und seine Familie bewahren und das Werk Claudius’ verbreiten. Mit dem Tod Jensens kam die Arbeit der Gesellschaft zum Erliegen. 1970 wurde die Gesellschaft im Zuge der 100. Jahrfeier zur Verleihung des Stadtrechts an Wandsbek neugegründet. Zum anderen wurde Jensen zusammen mit dem Bischof für {{nolink: Holstein,}} D. Wilhelm Halfmann, am 8. Mai die Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel verliehen. 1952 emeritierte Jensen. Er bleibt aber weiterhin seinen historischen Arbeiten treu. So wurde 1958 das Werk über die {{nolink: Kirchenbücher Schleswig-Holsteins}} von 1936 in einer zweiten Auflage in der Reihe {{nolink: „Quellen und Forschungen zur Familiengeschichte Schleswig-Holstein“,}} die von der Gesellschaft für {{nolink: Schleswig-Holsteinische}} Geschichte herausgegeben wird, überarbeitet und erweitert unter dem Titel „Die {{nolink: Kirchenbücher Schleswig-Holsteins, der Landeskirche Eutin und der Hansestädte“ erneut veröffentlicht. Zeit seines Lebens gab er 77 Veröffentlichungen heraus, davon ca. 40 über Wilster bzw. über die Wilstermarsch. Pastor D. Dr. Wihelm Jensen stirbt am 6. März 1960 in Hamburg.

Autor: Benjamin Hein, M.A.