Biografien-Datenbank: NS‑Dabeigewesene

Friedrich Feldhoff

(geb. 10.7.1903 Barmstedt/Holstein)
Kaufmann, profitierte von „Arisierung“
Neuer Wall 39


In seiner Biografie über das NS-Opfer Iwan Franck (1875- deportiert 1941 nach Lodz, ermordet am 20.1.1942) unter www.stoplersteine-hamburg.de schreibt der Historiker Björn Eggert über die Arisierung des Papierwaren-Großhandels von Iwan Franck am Neuen Wall 39. „Ab 1935 verzeichnete Iwan Franck kein nennenswertes berufliches Einkommen mehr und beschäftigte keine Angestellten. In dieser Situation bemühte er sich am 26. Juni 1938 über die Industrie- und Handelskammer (IHK) Hamburg um einen Reisepass für eine Geschäftsreise nach Dänemark. Der Syndikus der Hauptabteilung IV/3 der IHK notierte im Formular lediglich ‚Antrag ist abzulehnen‘. Gleichzeitig informierte die IHK die Devisenstelle des Oberfinanzpräsidenten, die ihrerseits am 30. Juli 1938 durch Regierungsrat Fritz Klesper (geb. 1900) die Zollfahndungsstelle unter dem Betreff ‚Kapitalfluchtverdacht‘ einschaltete. Daraufhin stattete Zollinspektor Schmücker dem Antragsteller einen Besuch ab und erstellte am 25. August 1938 einen ‚Ermittlungsbericht‘ mit Angaben zu Finanzen sowie der privaten Situation von Iwan Franck – von der Sperrung der geringen Vermögenswerte riet er ab. Dieser Bericht wurde umgehend an die Devisenstelle übermittelt, die nun auch das zuständige Finanzamt um Informationen ersuchte. Der Reisepass war schon am 29. Juli 1938 von der Passpolizei abgelehnt worden.
Für Iwan Franck tauchte 1938 weder ein Geschäftseintrag noch ein Privateintrag im Hamburger Adressbuch auf, denn er wohnte nun zur Untermiete in den Lenhartzstraße 17 (Eppendorf) bei Apotheker Otto Josephy. Sein Papierwaren-Großhandel wurde vermutlich nicht während des Novemberpogroms demoliert, denn er befand sich im 2. Stock. Doch musste er nach dem Pogrom eingestellt werden.
Am 5. Juni 1939 wurde das Geschäft im Handelsregister auf den Namen von Friedrich Feldhoff (geb. 10.7.1903 in Barmstedt/Holstein) umgeschrieben, der damit von der nationalsozialistischen ‚Arisierungspolitik‘ profitierte. Feldhoff hatte elf Jahre für eine Im- und Exportfirma als Einkäufer und danach fünf Jahre als Buchhalter gearbeitet. Ende 1937 war er der NSDAP beigetreten. Mit dem Kauf des Papier- und Schreibwarengroßhandels von Iwan Franck konnte er sein bisheriges Jahreseinkommen als Angestellter nahezu verdoppeln. (…)
Das Geschäftshaus Neuer Wall 39 wurde von den Brüdern Eduard Westerich (geb. 1900) und Herbert Westerich (geb. 1904), den Inhabern der 1826 gegründeten Firma Schacht & Westerich, Bürobedarf und Buchdruckerei (Größe Bäckerstraße 18/20) deutlich unter Wert erworben; inwieweit die NSDAP-Mitgliedschaft von Eduard Westerich hierbei hilfreich war ist nicht bekannt. Das im Erdgeschoss gelegene Papiergeschäft von M. Kimmelstiel & Co. (gegr. 1876 von Max Kimmelstiel 1852–1922, letzte Inhaberin "Erna" Ernestine Kimmelstiel) wurde als Filiale von Schacht & Westerich weitergeführt. Auch Familie Kimmelstiel war ein Opfer der nationalsozialistischen ‚Arisierungspolitik‘.
Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde es immer schwieriger zu emigrieren: Die Aufnahmeländer erschwerten die Einreise und Iwan Francks finanzielle Mittel reichten kaum für die Fahrt und den geforderten Kapitalnachweis im Exilland. Die Emigration scheiterte. Der Entrechtung von Iwan Franck folgte seine systematische finanzielle Ausplünderung, das Verbot Radio- und Telefonapparate zu besitzen, der Ausschluss von kulturellen Veranstaltungen sowie der Verpflichtung zum Tragen des Zwangsvornamens "Israel" ab dem 1. Januar 1939 und des gelben Judensterns ab dem 19. September 1941.
Iwan Franck wurde mit dem ersten Deportationszug, der Hamburg verließ, am 25. Oktober 1941 ins Getto Lodz deportiert. Er starb dort zwölf Wochen später. Sein Hausrat wurde vom NS-Staat beschlagnahmt und vermutlich im Rahmen einer Auktion versteigert.“ [1]