Biografien-Datenbank: NS‑Dabeigewesene

Wilhelm Lobsien

(30.9.1872 Foldingbro/Nordschleswig – 26.7. 1947 Niebüll)
schleswig-holsteinischer Schriftsteller
Namensgeber für Lobsienweg, Othmarschen (1951)


Der Lehrer Wilhelm Lobsien „veröffentlichte mit 21 Jahren seinen ersten Gedichtband und lebte zeitweise als Lehrer in Kiel, wo er auch als Autor Anerkennung findet. Seine Texte werden u.a. in ‚Westermanns Monatsheften‘, ‚Niedersachen‘ und ‚Über Land und Meer‘ veröffentlicht. Durch eine auf der Hallig Oland verbrachten Sturmnacht wird er zu seinen Halligstoffen inspiriert und in dessen Folge zum Halligdichter. (…). Zeit seines Lebens bleibt Lobsien unverheiratet und stirbt 1947 auf dem Weg nach Oland in Niebüll an einem Herzschlag.“ [1]
„Lobsiens Erzählungen waren bereits früh von starkem Patriotismus und nationaler Gesinnung (…) geprägt.“ [2] In der Zeit des Nationalsozialismus war er Mitglied des nationalsozialistischen „Eutiner Dichterkreises“. Dieser hatte sich 1936 gegründet und gehörte zu den wichtigsten nationalsozialistisch geprägten Schriftstellergruppen.
Zu seinen Werken siehe auch die Rezension der Literaturwissenschaftlerin Miriam Strieder zu Wilhelm Lobsiens Halligroman „Land unter“. Die Rezensentin schreibt u. a.: „Dass Wilhelm Lobsien (1872–1947), der Halligdichter und Verfasser des beliebten Romans Der Halligpastor (1914), nicht nur Kind seiner Zeit war, sondern auch eine ausgeprägte nationale Gesinnung hatte, ist bekannt – schließlich war er Mitglied des Eutiner Dichterkreises, der sich stark mit der Ideologie der Nationalsozialisten identifizierte und dessen Mitglieder entsprechende Werke publizierten.“ [3]
Eine ausführliche Biografie über Lobsien hat Thomas Steensen unter dem Titele „Der ‚Halligdichter‘ Wilhelm Lobsien“ verfasst. Darin heißt es über Lobsiens Wirken in der NS-Zeit: „Im Oktober 1942 erhielt Wilhelm Lobsien gemeinsam mit dem Husumer Maler Albert Johannsen (1890–1975) in Eutin den Schleswig-Holsteinischen Kunstpreis. NSDAP-Gauleiter und Oberpräsident Hinrich Lohse (1896–1964) hatte ihm das von Riga aus mitgeteilt, seinem Dienstsitz als ‚Reichskommissar für das Ostland‘. Als dichterischer Künder der Halligwelt habe er sich für die Er-haltung der alten Kultur und des alten Volkstums der Friesen eingesetzt, hieß es zur Begründung. Im Völkischen Beobachter erschien am 5. Oktober 1942 aus diesem Anlass ein Gruß an Lobsien: Das große, glühende Geschehen der Zeit aber reißt Dich wie uns alle vorwärts. Und Du bist glücklich, in dieser Zeit leben zu dürfen. Aber Du hast auch ein Recht zurückzuschauen. Denn auch Du hast mitgeholfen, den deutschen Menschen mit jenem stolzen Freiheitssinn zu erfüllen, der uns und unseren Enkeln den endlichen Sieg verheißt.Verfasser dieses Artikels war der Lehrer und Schriftsteller Wilhelm Kotzde-Kottenrodt (1878–1948); er hatte den völkischen Jugendbund ‚Adler und Falken‘ gegründet, war Führer der radikal-völkischen ‚Artamanen‘ und gab die Mainzer ‚Volks- und Jugendbücher‘ heraus, die ‚alte Mannestugenden‘ wie Tapferkeit, Treue, Opfersinn, Liebe zu Volk und Vaterland fördern sollten; für diese Reihe gewann er auch Lobsien und nahm etwa dessen Buch über Pidder Lynghierin auf. (…) Er [Lobsien] trat auch nicht der NSDAP bei, wohl aber am 1. September 1933 dem NS-Lehrerbund. Lobsien war schon vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten stark von der Volkstums-Ideologie beeinflusst. (…) Übersteigerter Nationalstolz, Kriegsverherrlichung und Feindeshass prägten bereits sein Buch ‚Heilige Not. Bilder aus Deutschlands Kampf gegen die Russen‘, das schon in den ersten Monaten des Ersten Weltkriegs 1914 im Verlag von Gustav Kiepenheuer (1880–1949) in Weimar erschien.“ [4]
Text: Dr. Rita Bake