Biografien-Datenbank: NS‑Dabeigewesene

Adolf Rein

(16. August 1885 Eisenach - 6. Januar 1979 Hamburg)
Historiker, Rektor der Universität Hamburg
Adresse: Mittelweg 117b (1933), Willistraße 22 (ab 1936)
Wirkungsstätte: Universität Hamburg, Rektorat Edmund-Siemers-Allee 1


Rein studierte in Straßburg und habilitierte sich 1914. Er war Teilnehmer am Ersten Weltkrieg und kam 1919 als Privatdozent nach Hamburg. Er wurde am Historischen Seminar der neu gründeten Universität in Hamburg tätig und trat der Deutschen Kolonialgesellschaft bei. Seit 1927 war Adolf Rein außerordentlicher Professor und Direktor der Kolonial-und Überseegeschichtlichen Abteilung am Historischen Seminar der Universität Hamburg. Seinem Verständnis nach müsse die Geschichtswissenschaft politisch sein und von normativen Elementen der Politik getragen sein. Autonomie der Wissenschaft habe nur zur Entartung geführt. "Adolf Rein (...) forderte eine politische Ausrichtung der deutschen Wissenschaft in einem nationalsozialstisch-völkischen Sinne" [1] Von der Geschichtswissenschaft weitete Rein seine Ideen auf den gesamten wissenschaftlichen Betrieb aus und veröffentlichte 1933 seine hochschulpolitische Programmschrift, „Idee der politischen Universität“, die im Gegensatz zur philosophisch-humanistischen Universität stand. Im selben Jahr war er der NSDAP beigetreten und wurde Mitglied im NS-Dozentenbund. Rein hielt seit Jahren engen Kontakt mit dem NS-Studentenbund, mit dessen Unterstützung er nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten die Hamburger Universität umgestaltete. Er wurde in der Landesbehörde kommissarischer Regierungsdirektor mit dem Auftrag der „Reform“ der Universität angestellt. Rein war einerseits für die „Neuausrichtung der Lehre“ verantwortlich, andererseits mit der rassenpolitischen Personalpolitik befasst und führte die Entlassungswellen 1933/1934 auf Grundlage des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ durch. Die frei gewordenen Stellen besetzte Rein und regelte die Struktur der Lehrstühle neu, so wurde beispielsweise der Lehrstuhl für Philosophie von Ernst Cassirer in den Lehrstuhl für Rassenbiologie umstrukturiert  und "die Professur für Kunstgeschichte von Erwin Panofsky in einen Lehrstuhl für Überseegeschichte" umgewidmet, den der Extraordninarius sich selbst einrichtete." [2] Am 11.11.1933 gehörte Rein zu den Unterzeichnern des „Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat“.

Mit dem „Hochschulgesetz gegen die Überfüllung der deutschen Hochschulen und Schulen“ nahm Rein die (Selbst-)Gleichschaltung der Universität Hamburg vor und sorgte dafür, dass ab dem 21. Januar 1934 keine jüdischen Studienanfänger sich neu einschreiben konnten. Die auf Selbstverwaltung basierende Universitätsverfassung wurde zugunsten des „Führerprinzips“ abgeschafft. Die Hamburgische Universität präsentierte sich als „erste nationalsozialistische Universität“. Am 1. Oktober 1934 wurde Rein für vier Jahre zum Rektor der Uni Hamburg ernannt. Er ließ 1935 die „Hamburgische Universität“ in „Hansische Universität“ umbenennen, um deren Wandlung auch im Namen Ausdruck zu verleihen. Er betrieb die Neuausrichtung des Hamburger Kolonialinstituts – nunmehr als nationalsozialistische Forschungsstätte – das er von 1938 bis 1945 selbst leitete. Das Institut wurde eine Außenstelle der von NS-Historiker Alfred Rosenberg (Amt Rosenberg) geplanten Hohen Schule. Im März 1941 nahm Rein an der Eröffnung des „Instituts zur Erforschung der Judenfrage“, ebenfalls eine Außenstelle der Hohen Schule, teil. NS-Wissenschaftler und SS-Vertreter diskutierten hier „Lösungsansätze der Judenfrage“, d. h. sie schufen eine pseudowissenschaftliche Grundlage für die Vernichtung der jüdischen Bevölkerung.

Nach Kriegsende wurde Rein im August 1945 von den britischen Besatzungsbehörden aus dem Hochschuldienst entlassen Im Rahmen der Entnazifizierung konnte er die Einstufung in die Kategorie V erreichen, unbelastet. Damit erhielt er volle Pensionsbezüge, bemühte sich aber vergebens um eine erneute Tätigkeit in der Hamburger Universität. Er beteiligte sich 1950 an der Gründung der Ranke-Gesellschaft und dem Göttinger Musterschmidt-Verlag (Schulze).1953 trat Rein erstmals wieder im Rahmen einer Veranstaltung der Evangelischen Akademie in der Universität Hamburg auf, zwei Jahre später wurde er Vorsitzender des Stiftungsrats der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S., dem er bereits seit Juni 1933 angehört hatte. Rein begründete die Zeitschrift „Das Historisch-Politische Buch“.

Text: Katharina Tenti