Firmengemeinschaftslager: Bauhilfe der Deutschen Arbeitsfront und Hamburger Wohnungsverwaltungsgesellschaft mbH Bauhilfe der Deutschen Arbeitsfront (DAF) für den sozialen Wohnungsbau; Hamburger Wohnungsverwaltungsgesellschaft mbH
Firmengemeinschaftslager für Zwangsarbeiter*innen und Kriegsgefangenenlager
Lederstraße
Das Lager wurde zunächst für 150 sowjetische Kriegsgefangene eingerichtet; ab November 1942 waren dort 594 Zivilarbeiter und später auch italienische Kriegsgefangene untergebracht. Belegung mit ca. 2000 Zwangsarbeiter *innen, dabei auch Kinder in 18 Baracken.
Arbeit für die Fischindustrie, Speditionen und Baufirmen. Das Lager bestand von September 1942 bis April 1945
Lagerführer war der Haupthelfer Otto Ehrich, wohnhaft Hamburg-Rissen, Kohldrift 30; Sanitäter Theodor Vorberg, wohnhaft im Lager.
16 Kinder von Zwangsarbeiterinnen aus dem Lager Lederstraße kamen in der Frauenklinik Finkenau zur Welt.
1 Abort ist im Allgemeinen Krankenhaus Langenhorn verzeichnet.
8 Schwangerschaftsunterbrechungen wurden bei Zwangsarbeiterinnen aus dem Lager Lederstraße in der Frauenklinik Finkenau vorgenommen.
1 Schwangerschaftsunterbrechung wurde bei einer Zwangsarbeiterin aus dem Lager im Allgemeinen Krankenhaus Langenhorn vorgenommen.
13 Kinder aus dem Lager Lederstraße verstarben, davon: 1 Kind im Lager Lederstraße, 9 Kinder im Allgemeinen Krankenhaus Langenhorn, 1 Kind in der Frauenklinik Finkenau, Hamburg-Uhlenhorst, 2 Kinder im Kinderkrankenhaus „Kastanienhof“ der Freien-evang.-luther. Bekenntniskirche St. Anschar in der Tarpenbeckstraße 107.
Beispiel:
Jurgana Charlomow kam am 10.7.1942 in Schitomir zur Welt. Ihre Eltern, Wera, geb. Paschkowsky, und der Lehrer Feodor Charlamow, waren vermutlich russisch-orthodoxen Glaubens, registriert als „orthodox“. Mit ihrer kleinen Tochter Jurgana aus ihrer Heimat Ukraine verschleppt, mussten sie in Hamburg-Stellingen bei der Bauhilfe der Deutschen Arbeitsfront (DAF) für den sozialen Wohnungsbau der Hamburger Wohnungsverwaltungsgesellschaft mbH Zwangsarbeit leisten. Im Lager Lederstraße waren sie untergebracht, getrennt im Frauen- und Männerlager. Dort musste Jurgana die kurze Zeit ihres Lebens verbringen. Die Ernährungs- und Lebensbedingungen waren für sie völlig unzureichend.
Am 13. März 1945 verstarb sie im Kinderkrankenhaus der Freien evangelisch-lutherischen Bekenntniskirche St. Anschar „Kastanienhof“, Tarpenbeckstraße 107, Hamburg-Eppendorf.
In der Sterbefallanzeige des Krankenhauses ist als Todesursache „Meningitis Tbc“ (Hirnhautentzündung Tuberkulose) und als unterzeichnender Arzt Des Arts angegeben. Jurganas Vater wies sich bei der mündlichen Anzeige des Todesfalles mit einem Personalausweis, ausgestellt von der Geheimen Staatspolizei aus. In welcher Weise er für die Deutsche Arbeitsfront bzw. Gestapo tätig war, konnte nicht geklärt werden.
Text: Margot Löhr