Biografien-Datenbank: NS‑Dabeigewesene

Hans Langhein

(1.9.1887 Hamburg – 24.11.1962)
Turnlehrer am Johanneum
Hermann-Löns-Weg 70 (Wohnadresse 1960)


Hans-Peter de Lorent hat über Hans Langhein ein Portrait verfasst, das in Hans-Peter de Lorents Buch: Täterprofile. Die Verantwortlichen im Hamburger Bildungswesen unterm Hakenkreuz. Band. 3. Hamburg 2019 erschienen und im Infoladen der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg erhältlich ist. Hier der Text:  
„Er war ernst zu nehmen, eine Gefahr für Lehrer und Schüler mit kritisch-distanzierter Haltung, selbst wenn er sich lächerlich machte mit seinem penetranten Bekenntnis zum Nationalsozialismus.“

Ein fanatischer Nationalsozialist war der Turnlehrer am Johanneum, Hans Langhein. Auch seine Frau Olga Frieda und der Sohn, Hans-Hermann Langhein, waren Funktionäre in nationalsozialistischen Organisationen.
Während der Vater Hans Langhein als NSDAP-Ortsgruppenleiter nicht wieder in den Hamburger Schuldienst eingestellt wurde, erhielt sein Sohn, der hauptamtlicher HJ- Funktionär gewesen war, die Möglichkeit, nach 1945 das Referendariat zu beginnen und machte später Karriere als Oberstudiendirektor eines Hamburger Gymnasiums. Kontinuitäten einer Hamburger Lehrerfamilie.
Hans Langhein wurde am 1.9.1887 in Hamburg geboren.[1] In seinem Entnazifizierungsfragebogen gab er am 28.5.1945 als Geburtsort an: Deutsches Reich.[2]
Er besuchte von 1894 bis 1903 die Seminarschule in der Binderstraße und wechselte danach auf das Lehrerseminar, das er mit der ersten Lehrerprüfung 1909 abschloss. 1912 bestand er auch die zweite Lehrerprüfung und legte darüber hinaus die Turnlehrerprüfung ab. Danach arbeitete er als Volksschullehrer an der Seminarschule Binderstraße 34, wo er als Volksschullehrer zu der kleinen Minderheit gehörte, die nicht in der „Gesellschaft der Freunde“ organisiert war.[3]
Von 1914 bis 1918 kämpfte Langhein im Krieg, „meine Frontjahre“, wie er das nannte.[4]
Am 1.4.1925 wechselte Hans Langhein an die Gelehrtenschule des Johanneums, wo er als technischer Lehrer beschäftigt wurde. Damit war sein Status an der Schule definiert, in einer Anstalt mit einer „Riege der hoch respektierten Altphilologen“ war Langhein, ohne akademische Vorbildung, für den Turnunterricht zuständig. Uwe Reimer, der die Geschichte der Lehrerschaft am Johanneum während der NS-Zeit und auch nach 1945 geschrieben hat, notierte über ihn:
„Langhein war von Beginn seiner Tätigkeit am Johanneum bemüht, sich für die Schule einzusetzen. Er leitete die ‚Wandervereinigung des Johanneums‘, über deren Ausflüge er gern und oft in der Zeitschrift des Johanneums berichtete. Jahr für Jahr organisierte er das Turn- und Spielfest der Schule auf der Kampfbahn im Stadtpark, wofür Schulleiter Edmund Kelter ihm ausdrücklich Dank abstattete.“[5]
Diese Wertschätzung für den technischen Lehrer Langhein drückte Schulleiter Prof. Kelter in einem Schreiben an Oberschulrat Prof. Wolfgang Meyer dadurch aus, dass er für ihn die Beförderung vom technischen Lehrer zum Studienrat beantragte mit der Begründung:
„Der Turnlehrer, Herr Langhein, hat den noch bis vor zwei Jahren völlig im Argen liegenden Turnbetrieb des Johanneums zu achtungsgebietender Höhe gebracht, die Oberklassen, die sich zunächst vornehm ablehnend verhielten, mit Begeisterung für sein Fach erfüllt und auch verschiedentlich in der Öffentlichkeit wie beim ersten Sportfest des Johanneums sehr gute Leistungen gezeitigt. Auch hat er die sonst mit dem Turnbetrieb betrauten Herren durch freiwillige Vorturnerstunden in seinem Sinne erzogen und zu fruchtbarer Mitarbeit zum gemeinsamen Ziele gewonnen.“[6]
Dies war eine schlüssige Argumentation für den Oberschulrat Meyer, der gleichzeitig Vorsitzender der Hamburger Turnerschaft war. Tatsächlich spiegelte sie nicht die wirkliche Wertschätzung für den Lehrer Langhein an der Schule wieder, der sich nach Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft noch deutlicher präsentierte.
„Mit der Errichtung der NS-Diktatur kam Langheins große Stunde“, stellte Uwe Reimer fest.[7]
Hans Langhein war am 1.5.1933 in die NSDAP eingetreten und zunächst Zellenwalter, später stellvertretender Ortsgruppenamtsleiter in Fuhlsbüttel geworden, während des Krieges sogar Ortsgruppenleiter. Langhein war gleichzeitig NSLB-Mitglied und in die NSV eingetreten. In seinem Entnazifizierungsfragebogen hatte er angegeben, früher Mitglied der DNVP gewesen zu sein.[8]
„Plötzlich war er wichtig geworden – verfügte über einen Mitarbeiterstab, war zuständig für die ‚politische und weltanschauliche Führung und Ausrichtung‘ der ihm unterstellten Parteigenossen und hatte disziplinarische Gewalt. In der Schule verstand er sich als verlängerter Arm der Partei, sichtbar schon daran, dass er auch in der Schule Uniform trug. Er hatte im Blick, dass Flaggenappell und Absingen des Horst-Wessel-Liedes ordnungsgemäß erfolgten. Als ‚Vertrauenslehrer der HJ‘ stand er im engen Einvernehmen mit dem zuständigen Bannführer.“[9]
Der Schulleiter, Werner Puttfarken, ebenfalls Nationalsozialist der ersten Stunde mit antisemitischer Grundhaltung[10], bekam jetzt in anderer Weise mit Hans Langhein zu tun. „Gegenüber der Schule fühlte sich Langhein stark. Respektlos und vulgär, dabei seine eigene Bedeutung herausstreichend, verschwand er aus dem laufenden Unterricht mit der Bemerkung: ‚Ich muss mal eben zu Puddi rauf.‘ Mit ‚Puddi‘ war Direktor Puttfarken gemeint. Willi Thede gab später im Beratenden Ausschuss zu Protokoll, dass Langhein einen ‚starken Einfluss auf den damaligen Schulleiter‘ ausgeübt habe, ‚der sich dem Druck nicht immer entziehen konnte‘. So bestellte er Langhein zum Vertrauenslehrer der HJ.“[11] Hier schließt sich ein Kreis, denn der älteste Sohn von Hans Langhein, Hans-Hermann Langhein war nicht nur Schüler am Johanneum sondern auch Funktionär in der HJ.
Sportlehrer Hans Langhein nahm sich insbesondere der vormilitärischen Ausbildung der Schüler an. „Er brachte ihnen das Schießen mit Kleinkalibergewehren bei – auf Kosten der Eltern: Finanziert wurden die teuren Waffen und Munition durch die Schüler selbst: Bei jeder Übung hatten sie ein bestimmtes Entgelt zu entrichten.“[12]
Uwe Reimer schrieb auch, dass Hans Langhein sicherlich „eine Gefahr für Lehrer und Schüler mit kritisch-distanzierter Haltung gewesen“ sei. „Er war ernst zu nehmen, selbst wenn er sich lächerlich machte mit seinem penetranten Bekenntnis zum Nationalsozialismus.“[13]
Uwe Reimer hatte für seine Arbeit mit vielen ehemaligen Schülern des Johanneums gesprochen, die erzählten, dass Hans Langhein „mit Kriegsbeginn und damit einhergehender Lehrerknappheit fachfremd Biologieunterricht erteilen musste“ und dies zur „weltanschaulichen Schulung nutzte“. Dabei offenbarten sich Langheins fachliche und intellektuelle Defizite immer deutlicher. „Gegen das spöttische Verhalten der älteren Schüler wusste er sich nicht anders zu helfen, als sie vor die Tür zu stellen. Als er dann – aus Hilflosigkeit und als letztes Mittel sozusagen – nur noch aus ‚Mein Kampf‘ vorlas, mussten sich die Schüler mit spitzen Bemerkungen allerdings zurückhalten. Zu großer Belustigung kam es, als er‚ mit Hilfe der Mendelschen Regeln aus einem weißen und einem schwarzen Pferd … eineinhalb Pferde kreierte‘. Er wurde abfällig ‚Du‘ genannt, weil er Schüler, sogar Primaner, mit ‚Du Idiot du!‘ anzurempeln pflegte. Selbst jüngeren Schülern vermochte er nicht zu imponieren, dafür war sein Ausdrucksvermögen zu primitiv, ‚jeden Satz, den er an uns richtete, mit ‚Du’ beginnend und in einem breiten, ungepflegtem Hamburgisch fortsetzend‘.“[14]
Bei aller Macht als nationalsozialistischer Funktionär, sicherlich kein leichtes Pädagogenleben.
Wirklich schwierig wurde es für Hans Langhein allerdings erst 1945, als der nationalsozialistische Schutz für ihn zusammenbrach.
Am 22.10.1945 teilte ihm Schulsenator Heinrich Landahl im Auftrag der Britischen Militärregierung seine Entlassung aus dem Schuldienst mit. Als Politischer Leiter wurde er im Januar 1946 verhaftet und für sieben Monate in das Internierungslager Neuengamme überwiesen.[15]
Danach war Langhein zunächst arbeitslos, ab März 1947 fand er eine Anstellung als Holzfäller bei einer Fuhlsbüttler Firma.[16]
In seinem Entnazifizierungsfragebogen vom 9.7.1947 gab Langhein auch an, dass seine Frau Olga Frieda, mit der er seit dem 1.10.1912 verheiratet war und zwei Söhne hatte, Ortsfrauenschaftsleiterin gewesen war und sein ältester Sohn, Hans-Hermann, Bannführer bei der HJ.
Hans Langhein selbst hatte noch die Funktion eines Schulungsleiters beim Reichsluftschutzbund innegehabt.[17]
Am 9.7.1947 schrieb Hans Langhein an den Berufungsausschuss 3 für die Ausschaltung von Nationalsozialisten und legte sachlich und schlicht seine politischen Funktionen offen. Er erklärte:
„Am 1.5.1933 bin ich Mitglied der NSDAP geworden und habe dort aus Idealismus und in der festen Überzeugung mitgearbeitet, meinem Vaterlande damit zu dienen. Irgendeine Entschädigung für meine Mitarbeit habe ich niemals erhalten, noch sind mir irgendwelche Vorteile daraus erwachsen. Ich habe im Gegenteil meine freie Zeit, Arbeitskraft und Geld geopfert. Meine Tätigkeit in der NSDAP begann ich im Juni 1933 als Zellenwalter im NSLB. Als solcher hatte ich aufgrund der mir vom Kreiswalter zugestellten Unterlagen die Mitglieder (etwa 50) in Blocks einzuteilen, Blockwalter zu bestellen, Beiträge zu kassieren, Karten und Zeitschriften zu verkaufen usw. 1934 wurde ich zum Ortsgruppenamtswalter der neugebildeten Orstgruppe Flughafen bestellt. Die Arbeit spielte sich in demselben, nur größeren Rahmen ab, verlagerte sich aber immer mehr in die Fachschaften und Schulen und hörte schließlich ganz auf. In meiner Eigenschaft als Vertreter des NSLB wurde ich gleichzeitig mit der Schulung der politischen Leiter beauftragt. Da mir jede rednerische Begabung fehlte, habe ich die politischen Leiter in kleinen Gruppen (je 25–30 Mann) eingeteilt und mit ihnen in dem Buch ‚Mein Kampf‘, in den Schulungsbriefen und sonstiger NS-Literatur gelesen. Zu größeren Veranstaltungen bestellte die Ortsgruppe Kreis- oder Gauredner.“[18]
Infolge des Krieges, schrieb Langhein, wurden viele NSDAP-Funktionäre zur Wehrmacht eingezogen, sodass er nicht mehr nur als Ortsgruppen-Organisationsleiter, sondern sogar als Ortsgruppenleiter fungierte. Der Stolz darauf hinderte Langhein daran, seine Aufgaben zu bagatellisieren.[19]
Dem Beratenden Ausschuss für die höheren Schulen Hamburgs gehörte auch der Oberlehrer des Johanneums, Willi Thede, an, der mit Langhein von 1925 bis 1945 an einer Schule gearbeitet hatte. Auf seine Aussage berief sich der Ausschuss:
„Seit März 1933 zeigte L. plötzlich eine nationalsozialistische Haltung, die fast das ganze Kollegium und die Schülerschaft empörte. Er verfolgte Schüler jüdischen Blutes und versuchte solche Kinder von den gemeinsamen Spielfesten auszuschließen. Als stellvertretender Ortsgruppenleiter tat er alles, um die Anschauung der Partei in die Schule einzuführen und übte einen starken Einfluss auf den damaligen Schulleiter aus, der sich dem Druck nicht immer entziehen konnte. Gegen Kollegen, die sich ihm nicht fügten, machte er Anzeigen beim Direktor. Er fühlte sich eben als Vollstrecker des Parteiwillens. Zusammen mit seinem Sohn kontrollierte er sogar den Haarschnitt der Schüler. Seine Familie war völlig im Banne des Nationalsozialismus. Es erscheint dem Beratenden Ausschuss unmöglich, dass dieser bis zuletzt (am Tage vor der Kapitulation war er noch Adjudant im Volkssturm) fanatische Nazi wieder in den Schuldienst eingestellt werden kann. Das Äußerste, was der Beratende Ausschuss aus rein menschlichen Erwägungen befürworten kann, ist die Gewährung einer Teilpension.“[20]
In einem Schreiben an den Berufungsausschuss 17 nahm Hans Langhein Stellung zu den Aussagen des Beratenden Ausschusses. Er schrieb:
„Ich soll eine ‚Haarschnittkontrolle‘ der Schüler des Johanneums vorgenommen haben. Diese Haarschnittkontrolle ist von dem damaligen Direktor des Johanneums, Dr. Puttfarken, im Einvernehmen mit der Hamburger HJ-Führung angesetzt und durchgeführt worden. Ich habe lediglich auf Anweisung von Dr. Puttfarken die Klassen in der Turnhalle aufgestellt und hatte für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Die Besichtigung wurde von Direktor Dr. Puttfarken und dem zuständigen Bannführer (das war mein ältester Sohn) vorgenommen.“[21]
Die Belastung seines Sohnes entlastete den Vater nicht wirklich.
Zur Frage, ob Hans Langhein jüdische Schüler von den Sportfesten der Schule ausgeschlossen und von der Schule vertrieben habe, schrieb er, dass dieses auf Veranlassung und Verfügung der Behörde stattfand und er daran keinen eigenen Anteil gehabt habe. Er selbst habe bedauert, dass er „besonders befähigte Nichtarier nicht mehr bei Wettkämpfen gegen andere Schulen“ einsetzen konnte. Langhein bestritt auch, Druck auf den Direktor ausgeübt zu haben, „das sei allenfalls dem Kreisleiter möglich gewesen“. Und beim Schulleiter denunziert habe er auch keine Kollegen „wegen ihres politischen Verhaltens. Im übrigen wäre so etwas vollständig überflüssig gewesen, da beispielsweise Direktor Puttfarken viel länger am Johanneum tätig war und die Kollegen in ihrer politischen Einstellung mindestens ebenso gut, wenn nicht besser, als ich, kannte.“[22]
Als Leumundszeugen benannte Langhein dann die beiden ehemaligen NS- Schulleiter Werner Puttfarken („Puddi“) und Erwin Zindler[23], die aufgrund ihrer NS-Belastung zur selben Zeit Schwierigkeiten hatten, entnazifiziert zu werden.
Somit hörte der Berufungsausschuss 17 unter Vorsitz des zu Milde neigenden Rechtsanwalts Soll den ehemaligen Kollegen von Hans Langhein am Johanneum und Mitglied des Beratenden Ausschusses, Willi Thede. Dieser bestätigte an einem konkreten Fall, dass es Langhein gewesen war, der einen „nichtarischen Schüler von der Teilnahme an dem Sportfest ausgeschlossen habe“. Thede erklärte, dass zu jenem Zeitpunkt, im Jahre 1935, noch keine behördlichen Richtlinien dazu vorgelegen hätten und nach seiner Auffassung auch Direktor Puttfarken eine solche Maßnahme nicht getroffen habe. Und Willi Thede erklärte weiter:
„Durch Indiskretion erfuhr ich, dass die HJ beabsichtigte, gegen mich vorzugehen. Ich hatte Schulaufgaben gestellt, die ich nicht hätte geben dürfen. In einem Antwortschreiben von Direktor Puttfarken befand sich ein Passus, dass er, Puttfarken, bereits von Langhein über diesen Fall unterrichtet worden sei.“[24]
Hans Langhein bestritt diese Aussagen. Er selbst hatte noch einen Leumundszeugen angegeben, Albert Tomforde, der zwei Jahre lang mit Langhein zusammen als Lehrer am Johanneum gearbeitet hatte (von 1932 bis 1934). Tomforde war selbst seit dem 1.5.1933 Mitglied der NSDAP gewesen, später Schulleiter geworden und hatte nach 1945 ebenfalls Schwierigkeiten mit der Entnazifizierung gehabt. Das stärkste Argument, das Tomforde einbrachte, war, dass „Langhein seinen Schwager, der Halbjude war, in seiner Wohnung aufgenommen hatte“.[25]
Der Berufungsausschuss unter Leitung von Rechtsanwalt Soll kam zu dem Ergebnis, dass Langhein nicht wieder als Lehrer zugelassen werden könne, jedoch mit 50 Prozent seiner Ruhegehaltsansprüche in den Ruhestand versetzt werde unter Einstufung in Kategorie IV. Als Begründung gab der Ausschuss an:
„Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass Langhein sich sehr positiv zum Nationalsozialismus eingestellt hat und dass er auch den Nationalsozialismus durch sein persönliches Eintreten und durch die verschiedenen von ihm in seinen Ämtern ausgefüllten Tätigkeiten gestärkt hat. Zu seinen Gunsten war aus den Leumundszeugnissen zu entnehmen, dass er offenbar eine loyale und hilfsbereite Haltung politisch Andersdenkenden gegenüber eingenommen hat.“[26]
Bemerkenswert ist dabei auch das Schreiben von Dr. Hans Lorenz Lorenzen, der Hans Langhein folgendes bescheinigte:
„Während meiner Amtstätigkeit an der Gelehrtenschule des Johanneums (bis Herbst 1937) hat Herr L. weder jüdische Schüler ihren nichtjüdischen Kameraden gegenüber benachteiligt noch, wie behauptet worden ist, sie von der Schule verwiesen. Im Gegenteil habe ich, da ich damals selbst an den Turnspielen beteiligt war, beobachtet, dass Herr L. an den Leibesübungen interessierten jüdischen Schülern volle Gerechtigkeit und alle Förderung hat zuteil werden lassen. Ich habe gerade diesen Fragen meine besondere Aufmerksamkeit gewidmet und mich auch über die jeweiligen amtlichen Bestimmungen unterrichtet, weil ich als Halbjude selbst zu den Betroffenen gehörte und auch im Herbst 1937 ein Opfer der NS-Rassenpolitik geworden bin. Mir ist bekannt, dass jüdische Schüler sich damals an Schulveranstaltungen nicht aktiv beteiligen durften, auch, dass sie später von den Schulen verwiesen wurden. Ich weiß aber auch, dass alle derartigen Maßnahmen von der Schulleitung ausgehen mussten, nicht aber in das Ermessen einzelner Lehrkräfte gestellt waren.“[27]
So sahen bestellte und abgesprochene „Persilscheine“ aus. Hans Lorenz Lorenzen hatte für einige aktivistische Nationalsozialisten Leumundszeugnisse ausgestellt, die deswegen ein besonderes Gewicht bekamen, weil Lorenzen tatsächlich als „Halb-Jude“ 1937 entlassen worden war. Was er in seinem Schreiben nicht mitteilte, war, dass er der Schwager von Hans Langhein war, und dass er selbst in Zeiten der Weimarer Republik auf der Liste der rechten Lehrer-Gruppe Mitglied der Lehrerkammer gewesen war, einer Lehrergruppe, auf der viele Deutschnationale und spätere prominente Nationalsozialisten kandidierten.[28]
Am Ende wurde Langhein mit 50 Prozent Pension in den Ruhestand geschickt. Er verfasste weitere Einsprüche und nach dem Schreiben seines Schwagers, der diese Verwandtschaft dabei nicht offen gelegt hatte, entschied der Leitender Ausschuss am 24.10.1951, Langhein 75 Prozent des Ruhegehaltes zuzubilligen.
Hans Langhein starb am 24.11.1962.[29]
Text: Hans-Peter de Lorent